Eigentlich müsste sie das schon lange nicht mehr tun, aber irgendwie kann sie nicht anders. Die sportliche 69-Jährige ist mit Haus, Garten und Katzen voll ausgelastet. Trotzdem ist sie seit 20 Jahren so gut wie jeden Tag bei Wind und Wetter unterwegs, um etwa 400 Zeitungen ihren rechtmäßigen Besitzern in Köflach und Umgebung zuzuführen. "Ich bewege mich einfach gern und renne viel herum, aber regelmäßiger Sport oder Fitnessstudio, das ist einfach nichts für mich", erzählt sie mit einem Schmunzeln.

© Manuel Hanschitz

Dann rückt sie mit der Wahrheit heraus: "Ich brauche jemanden, der mir in den Hintern tritt." Oder auch etwas. In diesem Fall ist es die Zustell-Tour. Es ist also diese Aufgabe, der sie sich verpflichtet fühlt und die sie motiviert. Angefangen hat alles eher aus einer Laune heraus, wie sie sich erinnert. Weil fad war ihr schon damals nicht. "Ich habe in der Altenpflege gearbeitet und dachte mir, dass so ein Nebenverdienst ganz gut wäre. Ich habe es einfach einmal probiert, ob das etwas für mich wäre und es hat gepasst. Zehn Jahre habe ich das dann neben dem Hauptjob gemacht und bis jetzt schon zehn Jahre in der Pension. Das ist jetzt quasi mein neuer Hauptjob." Die Zeit verfliegt eben. Wie auf ihrer zehn Kilometer langen Tour, die sie zwar mit dem Auto absolviert, wo sie aber zu jedem Haus rennen muss, Stiegen rauf, Stiegen herunter. "Wenn ich spätestens um sechs Uhr früh mit der Zustell-Tour fertig bin, habe ich mein Fitnessprogramm für den Tag schon erledigt", erzählt die alleinstehende Mutter zweier Kinder.

Kraft und Energie

Und diese Tour ist ein Kraftakt. Allein schon das tägliche Aufstehen um zehn Minuten vor ein Uhr in der Nacht wäre für die meisten von uns wohl eine Tortur. Für Helga Hart ist das frühe Aufstehen gar nicht so schlimm und das wird man gewohnt, meint sie. Dann werden um etwa halb zwei sämtliche Zeitungen in das Auto gewuchtet und danach geht die etwa dreieinhalbstündige Tour von Helga Hart erst richtig los. Wenn sie mit der Tour fertig ist und heimkommt, warten schon ihre beiden Kater Garfield und Gremlin auf sie. "Die werden zuerst pflichtgemäß abgeknuddelt, bevor ich frühstücken gehe.

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Dann beginnt eh schon der Alltag im Haushalt und im Garten. Da ist wirklich immer etwas zu tun." Schlafen geht sie nach der Tour ganz selten. "Keine Zeit", winkt sie ab. Gut, und was gefällt ihr außer dem Fitnessprogramm noch an ihrem Zusteller-Dasein? "Nachts habe ich meine Ruhe und ich kann mich draußen bewegen." Alles klar. Wie ist das eigentlich mit den Abonnenten? Lernt man die nach so langer Zeit kennen? Oder schlafen da noch alle und man bekommt nie jemanden zu Gesicht? "Doch, ich kenne viele von meinen Abonnenten, von denen sind viele schon sehr früh auf und es sind wirklich fast alle nette Leute", schwärmt sie. "Hin und wieder liegt sogar eine Süßigkeit oder ein bisschen Geld vor der Tür für mich. Ich merke halt, wie sie es schätzen, wenn ihre Zeitung pünktlich vor der Tür liegt."

Regen und Schnee

Was sie nicht mag: Regen und Schneefall während der Tour. Klar, auch wenn man mit dem Auto unterwegs ist, muss man ja doch Hunderte Male pro Tour raus aus dem trockenen und warmen Auto und ab in die feuchtkalte Nacht, um zu jedem Haus hinzugehen. In solchen Situationen ist Helga Hart dann doch ganz froh, wenn sie schnell wieder zu Hause ist. "Da komme ich dann waschlnass von der Tour zurück und lasse schon im Vorhaus das ganze nasse Gewand auf den Boden klatschen", erzählt sie mit einem spürbaren Ekel in der Stimme. Na gut, feucht-kaltes Wetter ist also nicht ihr Ding. Gibt's sonst noch etwas Unangenehmes? Helga Hart denkt lange nach. "Einmal hat sich jemand fürchterlich aufgeregt, weil er seine Zeitung später als gewohnt bekommen hat. Das hat aber dessen Nachbar mitbekommen und zu mir gesagt, dass ich mir nichts antun soll, weil der sowieso immer spinnt", grinst sie. Sonst fällt ihr nicht viel Negatives zu ihrem Zusteller-Job ein. Vielleicht noch, dass sie auch hin und wieder Wohnungsbesitzern beim Aufsperren ihrer Wohnungstür helfen muss, wenn diese nicht mehr ganz nüchtern von einer Zechtour heimkommen und auf Helga Hart auf ihrer Zustell-Tour treffen. Aber man hilft ja gern, meint sie. Wie lange sie den Job noch machen will? "Solange mich meine Füße tragen." Klare Antwort, keine weiteren Fragen.

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