Sonja Hutter-Binder: „Arbeit wird unterschiedlich bewertet“

Wie sieht es mit dem Fachkräftemangel im Bezirk aus? Gibt es Sparten, die eher davon betroffen sind als andere?
Sonja Hutter-Binder: Im technischen Bereich ist durchaus ein großer Facharbeiter- und Facharbeiterinnenmangel vorhanden. Dazu gehören hier im Bezirk unter anderem die Bereiche Metall- , Elektro-, Kunststofftechnik und Mechatronik.

Wie kommt es zu so einem Mangel? Warum hat die Lehre so ein schlechtes Image?
Lehrberufe haben schon seit mehreren Jahrzehnten Imageprobleme. Arbeit wird in der Gesellschaft unterschiedlich bewertet. Jugendliche, aber auch die Eltern beschäftigen sich mit dem Thema Ausbildung erst kurz bevor sie sich entscheiden müssen. Für 14- und 15-jährige ist es außerdem meiner Meinung nach zu früh, sich festzulegen. Durch Informationslöcher entstehen auch oft Vorurteile, in Lehrberufen weniger zu verdienen. Aber ich kenne Berufe, bei denen genau das Gegenteil der Fall ist.

Wie sieht es mit Frauen in technischen Berufen im Bezirk aus?
Es gibt eindeutig mehr Männer in den technischen Berufen im Bezirk. Momentan haben wir zwölf Prozent Frauenanteil im Ausbildungsverband, die technische Berufe erlernen. Wir wünschen uns natürlich mehr, da kein Beruf so aufgebaut ist, dass er weder für Männer noch für Frauen möglich wäre. Man braucht nur das Interesse und ein wenig Geschick.

Wie versucht man diesen geschlechtsspezifischen Zugang aus den Köpfen der Menschen zu bringen?
Es dauert bestimmt noch einige Zeit bis man dieses „veraltete“ Denken aus den Köpfen der Menschen bekommt. Den Mädchen selbst kann man nur Mut zusprechen, bestimmte Berufe auszuprobieren. Es gibt nämlich sehr oft die Befürchtung, dass Mädchen in eher „männertypischen“ Berufen nicht ernst genommen werden. Aus eigener Erfahrung ist das aber nicht der Fall.

Wo sehen Sie die Zukunft der Lehre?
Immer mehr Menschen erfahren von der Lehre nach der Matura. Es kann passieren, dass man nach der Matura nicht genau weiß, was man machen möchte, und dann beginnt sich über Alternativen zu informieren. Eine weitere unserer Zielgruppen sind Studienabbrecher. Nach dem Abbruch eines Studiums beginnen viele junge Erwachsene eine Lehre. Auch Erwachsene, die sich beruflich noch einmal neu orientieren wollen, streben teils eine Lehre an.

Möchten Sie Jugendlichen abschließend etwas mit auf den Weg geben?
Probiert vieles aus, damit ihr wisst, was euch gefällt. Schnuppert in Berufe, die euch interessieren. Theorie und Praxis unterscheiden sich oftmals enorm.