Moderne Architektur zeichnet sich oftmals durch viel Glas aus. Wie sieht dazu die Entwicklung in der Fenstertechnik aus?
Heinz Ferk: Bei der Verglasung wurde in den letzten Jahren sehr viel zur Verbesserung der Wärmedämmung geleistet. Dreifachverglasung ist heute vielfach Standard. Auch die Fensterrahmen wurden in der Wärmedämmung verbessert. Daneben kamen neue Randverbundsysteme für Isoliergläser auf den Markt, die durch die verbesserte Wärmedämmung höhere Oberflächentemperaturen im inneren Randbereich bringen. Damit verringert sich auch das Kondensatrisiko, kann aber auch zu einer höheren Beanspruchung des Randverbundes führen. Wie weit sich diese neuen Materialien auf die Lebensdauer auswirken, wird sich erst zeigen.
Stichwort Niedrigenergiehaus und Passivhaus: Hat die Fenstertechnik auf deren Ansprüche bereits reagiert?
Ferk: Ja, es gibt sehr viele Entwicklungen als Reaktion auf diese Trends. Wärmedämmung jedoch ist nur ein Aspekt unter vielen anderen, die es zu berücksichtigen gilt: Im Vordergrund steht vor allem der Mensch. Für ihn wird gebaut und er soll sich in seiner gebauten Umgebung wohlfühlen. Das soll natürlich unter Schonung der Ressourcen erfolgen.

DI Heinz Ferk ist Lektor an der Technischen Universität Graz, leitet dort das Bauphysiklabor und auch die damit verbundene Prüfstelle
DI Heinz Ferk ist Lektor an der Technischen Universität Graz, leitet dort das Bauphysiklabor und auch die damit verbundene Prüfstelle © TU Graz

Ob Zweifach- oder Dreifachverglasung – beides hängt unmittelbar mit dem Wärmedämmfaktor und dem Schallschutz zusammen. Worauf sollte ein Häuslbauer unbedingt Wert legen, wenn er neue Fenster kauft?
Ferk: Der Fensterkauf ist eine Entscheidung für die nächsten 30 Jahre. Daher ist geprüfte Qualität wichtig. Zum einen sollte man sich die Leistungserklärung des Herstellers für das beabsichtigte Fenstersystem zeigen und erklären lassen, in denen die wichtigsten Eigenschaften, aber auch Einbau- und Wartungsangaben angeführt sind. Darüber hinaus sollte auf Dauerhaftigkeit geachtet werden. Für die Beschläge kann dies der Hersteller durch eine Dauerfunktionsprüfung nachweisen, was besonders für viel benutzte Fenster bzw. Fenstertüren wichtig ist. Dazu sollte eine qualifizierte Wartung angeboten werden.
Dreifachverglasungen bedeuten nicht immer besseren Schallschutz. Ist ein solcher gewünscht, sollte zumindest eine Glasscheibe eine größere Dicke aufweisen oder als Verbundsicherheitsglas ausgeführt sein. Auch bei Türen sollte auf verletzungssichere Verglasung geachtet werden, was aber ohnehin in den Baubestimmungen gefordert wird. Künftig wird auch der Sonnen- und Insektenschutz immer wichtiger. Bei einem Neukauf sollte zumindest für deren Nachrüstbarkeit und auch für eine zukünftig mögliche Automatisierung vorgesorgt sein.
Landläufig herrscht die Meinung, dass man durch Glas Wärme verliert. Andererseits können richtig platzierte Fenster die Heizungsbilanz verbessern. Wie kann man sich das vorstellen?
Ferk: In der kalten Jahreszeit geht Wärme über die Gebäudehülle verloren, also auch durch die Fenster. Selbst Fenster mit einem U-Wert von 0,6 W/m2K, was einen sehr geringen Wert darstellt, haben einen 2- bis 4-fachen Wärmedurchgang, den eine heute übliche Wandkonstruktion im Neubau aufweist. Fenster lassen aber im Gegensatz zur Wand die Wärmestrahlung der Sonne zu etwa 50 bis 60 Prozent in den Innenraum, wodurch sich dieser aufwärmt. Wird das genutzt, trägt dies zu einer Verbesserung der Heizbilanz bei.
Es gibt ja starke Preisunterschiede bei Fenstern – bis zum Zehnfachen und darüber hinaus. Woher kommt dieser Unterschied?
Ferk: Da gibt es viele Ursachen. Neben der Qualität der verwendeten Materialien und der Technik sind es zum Teil auch Kosten für Neuentwicklungen, Qualität in der Ausführung bis hin zur Organisation des Betriebes, der die Fenster herstellt, vertreibt und einbaut. Das Produzieren in Österreich ist wesentlich teurer als im Osten, hat dafür aber auch österreichische Qualität.
Worauf ist beim Fenstertausch in der Sanierung zu achten?
Ferk: Durch die neuen, dichten Fenster muss mehr gelüftet werden. Bei höheren Fensterelementen sollte darauf geachtet werden, dass eine wärmetechnisch gute Verglasung gewählt und möglichst eine Beheizungsmöglichkeit direkt im Fensterbereich vorgesehen wird. Das gilt besonders in Kombination mit einer Fußbodenheizung, um von der Verglasung abfallende, kühle Luft zu vermeiden, was zu Kondensat am Glas und Zugluft im Raum führt. Die höhere Dichtheit der Fenster bringt es mit sich, dass besonders bei mehrgeschoßigen, offenen Wohnungen, aber auch in den oberen Wohnungen mehrgeschoßiger Gebäude auch eine bedarfsgesteuerte Abluftanlage zu empfehlen ist. Dadurch kann Überdruck in den oberen Räumen und die dadurch bedingten Kondensatprobleme vermieden werden.