Kennen Sie das? Es geht Ihnen schlecht, irgend- etwas hat nicht funktioniert oder Sie fühlen sich angeschlagen und wenig motiviert. Und was passiert? Sie setzen selbst noch eines drauf. Kritisieren sich als unfähig, schwach oder faul. Verurteilen sich oder plagen sich mit übermäßigen Schuld- und Schamgefühlen. Sie machen sich tagelang einen Kopf wegen eines kleines Missgeschicks oder weil Sie ein falsches Wort gesagt haben. Nun die Frage: Würden Sie so auch mit einer guten Freundin umgehen oder mit Ihrem geliebten Kind? Oder würde Sie es umarmen, trös­ten, ihm sagen, dass das jedem passieren kann, einfach vorkommt? Es beruhigen und ermutigen?
Die Stimme des Selbstkritikers in uns ist oft hart, streng und manchmal auch ungerecht. Interessanterweise geht es vielen Menschen so: Wir bewerten es positiv, wenn wir mitfühlend, wohlwollend und fürsorglich mit anderen umgehen, aber uns selbst gönnen wir das nicht. Selbst wenn wir des Trostes besonders bedürfen, bleibt die innere Stimme hart und unduldsam.


Wie das am besten gelingt, haben zwei Psychologen – Dr. Kristin Neff und Dr. Christopher Germer – erforscht und entwickelt. Die Methode heißt „Mindful Self-Compassion“ und wird weltweit unterrichtet. Auf Deutsch übersetzt sprechen wir von achtsamem Selbstmitgefühl. Das Training dieser Haltung sich selbst gegenüber verbessert den Umgang mit belastenden Situationen, Beziehungen und den eigenen inneren Antreibern. Es fördert emotionale Kompetenzen und Stressbewältigung, erhöht emotionales Wohlbefinden und Resilienz und ist ein wichtiges Instrument der Psychohygiene und der Burnout-Prävention.

Der Begriff „Selbstmitgefühl“ wird nicht immer ad hoc richtig verstanden. Er bezeichnet etwas Spezielles, das weder mit narzisstischer Selbstliebe noch mit Selbstmitleid zu tun hat und auch nicht mit Empathie gleichzusetzen ist. Mitgefühl hat definitionsgemäß neben der empfindenden auch eine aktive Handlungskomponente: Es beinhaltet eine tiefe Erkenntnis des eigenen Leids und des Leids anderer Lebewesen und ist verbunden mit dem Bestreben, es zu lindern.
Dr. Kristin Neff, sie ist Professorin für Psychologie an der Universität Austin (USA) und Pionierin auf diesem Forschungsgebiet, erklärt es so: „In den Momenten, in denen wir leiden, für uns selbst zu sorgen, wie wir es für einen geliebten Menschen tun würden. Zu Selbstmitgefühl gehört ein liebevoller Umgang mit sich selbst, ein Gefühl der menschlichen Zusammengehörigkeit und Achtsamkeit.“

Wer sein Selbstmitgefühl kultiviert, sorgt damit vor. Mindful Self-Compassion ist vor allem eine Präventivmaßnahme, die Menschen hilft, nicht auszubrennen und sich nicht selbst Energie abzuziehen. Studien zeigen, dass größeres Selbstmitgefühl mit mehr seelischem Wohlbefinden einhergeht, und mit weniger Angst, Depression und pathologischen Stressreaktionen. Weitere Vorteile von Selbstmitgefühl: bessere Beziehungen und die Fähigkeit, eine gesunde Lebensweise aufrechtzuerhalten. Weitere Infos finden Sie hier.

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