Wer hin und wieder in der Gegend um Kindberg unterwegs ist, kennt ihn vielleicht: den Herzerlfresserweg mit dem Herzerlfressermarterl. Es soll an eine der schrecklichsten Verbrechensserien erinnern, die die steirische Geschichte kennt: die Morde des Paul Reininger. Viele lokale Mythen – und auch das Marterl – nennen als sein Motiv für die Taten die Vorstellung, durch das Verspeisen von Herzen unsichtbar werden zu können und Glück im Spiel zu haben. Was ist damals passiert und wie viel Wahrheit steckt in den Erzählvarianten des Volksmundes? Um diese Fragen zu beantworten, reisen wir mit "delikt" diesmal um weit über 200 Jahre zurück in die Vergangenheit.    

Einem Zufall zu verdanken ist es, dass dieser Fall heute recht gut dokumentiert ist. Tatsächlich weiß man, dass Reininger sechs Frauen ermordet hat. Was damals wirklich passiert ist, welche Rolle das Herzessen dabei gespielt hat und was die "Todesstrafe auf Raten" für den Täter bedeutete, davon erzählt Christian Bachhiesl vom Hans-Gross-Kriminalmuseum im Gespräch mit Moderator David Knes.

Christian Bachhiesl, Leiter des Hans Gross Kriminalmuseums spricht über den Kindberger Herzerlfresser.
Christian Bachhiesl, Leiter des Hans Gross Kriminalmuseums spricht über den Kindberger Herzerlfresser. © Markus Traussnig

Krimineller Okkultismus: "Zauberei mit Leichenteilen ist seit dem Altertum nachgewiesen" [Bonusfolge]

In dieser Bonusfolge schauen wir uns nicht nur das (vermeintliche) Motiv des Herzerlfressers von Kindberg genauer an. Christa Tuczay und Thomas Ballhausen sprechen mit David Knes über die unglaublichen Facetten des kriminellen Okkultismus. In ihrer Forschung widmen sich Tuczay und Ballhausen der Magie und dem Aberglauben aus einer kulturwissenschaftlichen Perspektive und sprechen im Podcast über historische Phänomene, darunter auch das Herzessen. 

Christa Tuczay und Thomas Ballhausen arbeiten an einem Buch über das Phänomen des Herzessens.
Christa Tuczay und Thomas Ballhausen arbeiten an einem Buch über das Phänomen des Herzessens. © kk/Chris Saupper 2022

Im Laufe der Geschichte führten okkulte Vorstellungen immer wieder zu allerhand Grausamkeiten. "Zauberei mit Leichenteilen ist seit dem Altertum nachgewiesen", führt etwa Tuczay aus. So bevorzugten Räuber und Einbrecher bestimmte Leichenteile. Unter anderem Kinderhände, die man nicht nur Gräbern entnahm, sondern wofür auch schwangere Frauen getötet wurden. Die rechte Hand der Föten – vor allem Buben – wurden abgeschnitten, die Finger zu Kerzen verarbeitet. Einbruchsopfer sollten auf diese Weise mit einem Schlafzauber belegt werden. Solange die Diebeskerzen brannten, so die Vorstellung der Einbrecher, wären ihre Opfer in einem tiefen Schlaf und könnten nicht aufwachen. 

Welche Rolle Hexen und Dämonen spielen, was der Ursprung kriminellen Aberglaubens ist, wie weit verbreitet er war und warum diese Motive auch nach der Aufklärung – bis heute – literarisch aufgeladen sind, das besprechen wir in dieser Folge: 

Alle bisherigen Folgen von "delikt" finden Sie hier und in der folgenden Liste: