Unser Leser ist 77 Jahre alt und immer unfallfrei gefahren. Kürzlich parkte er mit seinem Wagen rückwärts aus: „Plötzlich piepste mein Parksensor, ich habe sofort abgebremst! Aber das andere Fahrzeug, das ebenfalls rückwärts unterwegs gewesen ist, hatte meines schon am Heck beschädigt“, berichtete der Mann und war von seiner Unschuld absolut überzeugt. Deshalb ärgerte er sich sehr, dass seine Versicherung den Schaden des Unfallgegners, ohne ihn zu fragen, bezahlt hatte. Erst auf seine Intervention hin erfuhr unser Leser: „Wir haben den Schaden der Gegenseite ohne Präjudiz übernommen. Dieses Verhalten stellt ihre Chancen bei der gegnerischen Versicherung keineswegs schlechter.“ Sei er von der Alleinschuld des anderen Fahrers überzeugt, müsse er klagen.

Mitverschulden

Zudem sei in solchen Situationen das Verschulden der beteiligten Lenker schwer feststellbar. „Für diese Fälle hat das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch eine kluge Regelung im § 1304 parat: Wenn sich das Verschulden eines der am Schaden Beteiligten nicht ausschließen und auch nicht der Höhe nach bestimmen lässt, so haben die Beteiligten den Schaden zu gleichen Teilen zu tragen“, erklärt Jesenitschnig. Das sei letztlich auch die Entscheidung des Schadenreferenten der Uniqa gewesen, der von einer Verschuldensteilung von 50 : 50 ausgegangen ist.

Kleiner Trost

Und einen kleinen Trost für den Betroffenen hat der Experte auch noch im Talon: „Es ist vielleicht schon so, dass ihn kein Verschulden trifft, es lässt sich aber nicht mit letzter Sicherheit begründen, weil der andere Beteiligte eine gegensätzliche Schilderung gibt, die vom technischen Ablauf her auch möglich ist!“ Mangels Objektivierbarkeit einer der beiden Schilderungen, etwa durch Zeugen, könne ein Außenstehender, wie Richter, Sachverständiger oder Schadenreferent, nur auf die vorgenannte Regelung des ABGB zurückgreifen. „In diesen Fällen hat dann aber der möglicherweise Unschuldige auch einen Teil der Schuld mitzutragen“, so Jesenitschnig.