Sie vor dem Hauptgebäude Ihrer Uni stehen, blicken Sie auf die riesige Baustelle des Graz Center of Physics. Welche Bedeutung hat dieses Projekt für den Wissenschaftsstandort?

PETER RIEDLER: Wir arbeiten schon jetzt am modernsten innerstädtischen Uni-Campus Europas auf historischen Wurzeln - und das institutionenübergreifend. Seit 2006 kooperieren Universität Graz und TU Graz unter dem Dach NAWI Graz in den naturwissenschaftlichen Disziplinen sehr erfolgreich. Diese Zusammenarbeit wird im Graz Center of Physics auf ein neues Level gehoben. Das topmoderne und klimafreundliche Gebäude wird 600 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und 1700 Studierende räumlich zusammenführen. Es entsteht damit ein attraktives, österreichweit einzigartiges Wissenschaftszentrum, das den gesamten Forschungsstandort Steiermark aufwertet und steirische Spitzenforschung auch international sichtbarer machen wird.

Die heimischen Universitäten sind in internationalen Rankings nicht im Spitzenfeld. Wie sehr schmerzt das?

RIEDLER: Der Moment des Bekanntwerdens, wenn wir nicht im Spitzenfeld von Rankings liegen, schmerzt natürlich. Allerdings sind die Rahmenbedingungen nicht immer vergleichbar und wir sehen auch viele großartige und bahnbrechende Erfolge. Beispielsweise schreiben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Uni Graz beim Weltklimabericht mit, finden Gesetzeslücken bei der Regulierung von künstlicher Intelligenz, entwickeln neue Stoffe, die Krankenhauskeime eliminieren oder erfinden einen Impfstoff für Bienen gegen die Amerikanische Faulbrut (siehe Artikel rechts). All das sind Antworten auf Zukunftsfragen und das braucht es, um Teil der Lösung von Herausforderungen unserer Zeit zu sein. Deshalb arbeiten Studierende und Forschende aktiv mit Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und der Gesellschaft zusammen.

Haben Sie eine Erklärung für die wachsende Wissenschaftsskepsis in der Bevölkerung?

RIEDLER: Das ist ein komplexes Phänomen mit verschieden gelagerten Ursachen. Die Natur der Wissenschaft beinhaltet ständige und zeitintensive Überprüfung und Korrektur von Theorien und Hypothesen. In Zeiten des schnellen Informationsaustausches ist es für Menschen oft schwierig, zwischen verlässlichen Nachrichten und Fehlinformationen oder Meinung zu unterscheiden. Mut, Aufklärung, Wissenschaftskommunikation und letztlich auch die Stärkung von Bildung sind wohl der zentrale Schlüssel, um dem entgegenzuwirken. Es ist unsere Verantwortung und Aufgabe Forschungsergebnisse aktiv und verständlich in den gesellschaftlichen Diskurs einzubringen und damit fundierte Grundlagen für Urteile und Entscheidungen zu liefern. Das ist unsere individuelle, institutionelle und gesellschaftliche Verantwortung.

Haben Sie „Angst“ vor der Künstlichen Intelligenz?

RIEDLER: Es gibt keinen Grund für Angst. Wir müssen die Chancen sehen und nutzen. Digitalisierung öffnet uns die Welt und bringt die Welt zu uns. Durch die digitale Vernetzung können Forschende an internationalen Kooperationen und Projekten teilnehmen und so die Sichtbarkeit und den Einfluss der Universität Graz in der globalen Forschungsgemeinschaft erhöhen.

Welches Asset zeichnet die Uni Graz im internationalen Forschungswettbewerb aus?

RIEDLER: Der Mut zu Offenheit und das Bekenntnis zur Vielfalt. Diese Eigenschaften braucht es und sie müssen gepflegt werden, denn sie erhöhen die Attraktivität der Stadt und der Universität für internationale Expertinnen und Experten, die wir zur Stärkung unseres Wissenschaftsstandortes benötigen. Zahlreiche Forschungspreise, gerade in letzter Zeit, zeugen von der Wettbewerbsfähigkeit der Universität Graz. Ich bin optimistisch, dass wir in den kommenden Jahren im internationalen Forschungswettbewerb eine starke Rolle spielen werden.

Wenn Sie noch einmal Studienbeginner wären: Welche Studienrichtung würden Sie wählen?

RIEDLER: Ich würde mich wieder für Rechtswissenschaften entscheiden. Für mich war es die richtige Wahl. Die Fülle der Angebote hat es allerdings schon damals nicht ganz leicht gemacht, und das wäre wohl heute genauso.

Interesse für die Uni Graz geweckt? Hier gibt es weitere Infos: www.youtube.com/user/unigraz
 

Diese Serie soll der Schwerkraft der Krisen entgegenwirken. Sie erscheint als Medienkooperation der „Kleinen Zeitung“ und wird von den teilnehmenden Unternehmen finanziell unterstützt.