Egal ob Sommerfrische am Meer, das lokale Freibad oder der Badesee – die Erinnerungen, Gerüche und Geräusche an diese Orte sind vielfältig und sofort präsent. Bis 25. August kann man in Sonnenstühlen im Sand oder auf der Liegewiese mithilfe von Fotos und Materialien wie Karten, Reiseführern sowie eigens gestalteten Broschüren in Urlaubs- und Wasserwelten eintauchen. Kleine Besucher/innen können sich währenddessen im Sandburgenbauen üben. Besitzer/innen eines Badetickets oder einer Saisonkarte der Freizeit Graz tauchen sogar kostenlos in die neue Ausstellung ein.

Beim Betreten der Ausstellung darf der Gang durch die Umkleidekabine nicht fehlen, bevor man es sich im Liegestuhl gemütlich machen und die Zehen in den Sand stecken kann. Anders als bei klassischen Ausstellungen finden sich keine Bilder an der Wand. „Zur Vermittlung der Inhalte nahmen wir uns die Gewohnheiten und Verhaltensweisen der Freibadnutzer/innen und Strandurlauber/innen zum Vorbild. So sind die Besucherinnen und Besucher eingeladen, durch insgesamt neun Magazine mit ausgewählten Fotos aus den Multimedialen sowie aus privaten Sammlungen zu blättern und sich zur Geschichte der sommerlichen Badekultur seit 1900 zu informieren“, beschreibt Museumsleiterin Bettina Habsburg-Lothringen das Konzept.

Astrid Aschacher (Kuratorin) und Daniela Brasil (Gestalterin)
Astrid Aschacher (Kuratorin) und Daniela Brasil (Gestalterin) © Universalmuseum Joanneum/N. Lackner
Am Strand, Ansichtskarte, um 1910
Am Strand, Ansichtskarte, um 1910 © Sammlung Kubinzky

Sehnsuchtsort obere Adria
Wer glaubt, dass heute in den Sommermonaten in Grado viel los ist, hätte 1914 dort sein sollen, als sich dieses kleine Fischerdorf zum beliebtesten Badeort der oberen Adria entwickelte. Noch in der Mitte des 18. Jahrhunderts galten die Meeresküsten als trostlose und gefährliche Orte, die in keiner Weise mit Erholung und Vergnügen verbunden wurden. Die Trendwende brachte die Medizin, die den heilsamen Nutzen einer Reise ans Meer propagierte. Mit der Wende zum 20. Jahrhundert wurde der sommerliche Aufenthalt an den Stränden Europas zur Mode und der Ausbau einer entsprechenden Infrastruktur mit Hotels, Promenaden und Kaffeehäusern der Garant für eine unbeschwerte und erlebnisreiche Ferienzeit. „Für die Menschen hierzulande wurde die obere Adria zur Wunschdestination, vergleichsweise bequem erreichbar durch den Bau der Eisenbahnverbindung. Für das bürgerliche Publikum war vor allem Grado ein Sehnsuchtsort, wohingegen sich in Abbazia der Adel im heilklimatischen Kurort einfand“, so Kuratorin Astrid Aschacher. Zum Massenphänomen wurde der Urlaub am Meer erst in der Nachkriegszeit. Der wirtschaftliche Aufschwung ab den 1950er-Jahren ermöglichte es neuen gesellschaftlichen Gruppen, Urlaubsreisen zu unternehmen. Steigendes Realeinkommen und zunehmende Motorisierung machten den Traum vom Süden nicht mehr nur für mittelständische Angestellte und Beamte wahr. In den 1960er-Jahren kamen die Arbeiterfamilien hinzu.Freibäder, Flussbäder und Badeseen
Die Badekultur fand Eingang in den Alltag, nachdem im 19. Jahrhundert Schwimmen nicht mehr als unsittlich, sondern als gesundheitsfördernd eingestuft wurde. Die in der Ausstellung aufliegenden Broschüren bilden die Phänomene rund ums Baden ab: Neben den zuvor genannten Orten wird auch auf die Entwicklung der Bademode oder die Entstehung der Freikörperkultur (kurz: FKK) eingegangen. Für die schmälere Brieftasche ermöglichten im 20. Jahrhundert vor allem nahe Flussbäder, die Badeseen und schließlich eine wachsende Zahl an Freibädern in der ganzen Steiermark einen Sprung ins kühle Nass. Auch hier entwickelte sich eine spezifische Infrastruktur: Umkleidekabinen, Cafés und Sportmöglichkeiten entstanden. Mit Strandkörben und aufgeschüttetem Sand wurde mancherorts gezielt die Illusion eines Meeraufenthaltes erzeugt.