Am 20. März wird jedes Jahr der „internationale Tag des Glücks“ gefeiert. In diesem Jahr wurde das Thema aus naheliegenden Gründen wenig aufgegriffen. Erschienen ist der „World-­Happiness-Report“ dennoch: Rund 20 Prozent der Menschen weltweit bewerten ihr Leben insgesamt mit 9 von 10 Punkten, während weitere 20 Prozent es mit 2 von 10 Punkten bewerten.

Spezialisiert auf "schöne"Wörter

Der Psychologe Dr. Tim forscht an der Universität in East London im Bereich Positive Psychologie, Achtsamkeit, Buddhismus,  Linguistik. Für Beiträge offen: „The Happy Words Project“
Der Psychologe Dr. Tim forscht an der Universität in East London im Bereich Positive Psychologie, Achtsamkeit, Buddhismus, Linguistik. Für Beiträge offen: „The Happy Words Project“ © KK

Dass man das Glück (in vielen Ausprägungen) auch in der Sprache, und auch in der fremden, finden kann, davon ist der britische Forscher Tom Lomas überzeugt. Er ist Experte für positive Psychologie und erforscht die guten Aspekte des menschlichen Miteinanders, so etwa Glück, Optimismus, Solidarität und Vertrauen. Lomas lehrt an der Universität in East London und wird weltweit als Redner eingeladen. Denn das, was er zu sagen hat, inspiriert. Lomas hat sich auf „schöne“ Wörter spezialisiert, die er aus verschiedenen Sprachen zusammenträgt.

Alle diese Wörter haben gemeinsam, dass sie unübersetzbar sind und in jeweils anderen Sprachen nicht vorkommen. Seine These, die bereits wissenschaftlich untermauert ist: Lernt der Mensch diese neuen Wörter aus dem positiven Erlebnisspektrum kennen, tut ihm das gut. „Um diese feinen Abstufungen zu beobachten und zu beschreiben, brauchen wir aber das entsprechende Vokabular“, sagt Lomas, weshalb er auch ein weltweit zugängliches Archiv eröffnet hat.

Sich selbst besser verstehen

Ist dieses Strand "Smultstronställe"? Das schwedische Wort für "Waldbeerenplatz" bezeichnet einen stillen Rückzugsort in der Natur
Ist dieses Strand "Smultstronställe"? Das schwedische Wort für "Waldbeerenplatz" bezeichnet einen stillen Rückzugsort in der Natur © Andreas

Im Lexikon des unübersetzbaren Glücks finden sich mehr als 900 Wörter aus nahezu 100 Sprachen. Und es wächst, denn jeder kann es online ergänzen. Lomas Vision: „Menschen können sich selbst viel besser verstehen, wenn sie wissen, wie sie ihre Gefühle beschreiben können.“ Und je mehr davon in ihrem Wortschatz ist, desto besser.


Alles Wabi-sabi?

„Forelsket“: Das euphorische Gefühl, sich zu verlieben, kann man aus dem Norwegischen „leihen“
„Forelsket“: Das euphorische Gefühl, sich zu verlieben, kann man aus dem Norwegischen „leihen“ © contrastwerkstatt

Egal, ob man nun neue Gefühle entdeckt oder seine Empfindungen erstmals in Worte fassen kann: Die Beschäftigung mit den Worten sensibilisiert und schärft die Sinne fürs Glück. Wobei „Glück“ zu oberflächlich klingt für das, worum es Lomas geht. Eines seiner Lieblingswörter ist nämlich das japanische „Wabi-sabi“. Es steht für unvollkommene, verwitterte oder auch alternde Schönheit. „Das Wort regt einen an, die Welt anders zu sehen – und auch uns selbst, mit allen unseren Fehlern und Makeln.“ Oder, mit anderen Worten: Was kaputtgeht, bewegt sich auch. Leben spielt sich nicht im Perfekten ab.

Am Berggipfel bei Sonnenauf- oder Untergang haben schöne Empfindungen gute Chancen
Am Berggipfel bei Sonnenauf- oder Untergang haben schöne Empfindungen gute Chancen © sonnenflut products

Ein weiteres Beispiel für jene Wörter, die man in seinem Buch „Happiness – Found in Translation“ findet, ist das griechische „Meraki“, das die Begeisterung für das eigene Schaffen bzw. die Liebe zu etwas beschreibt, womit man sich beschäftigt. Oder: „Morgenfrisk“ (dänisch), die Morgenfrische nach gutem Schlaf, ein Zeitraum, in dem wir die Welt noch auf Abstand halten und klare Gedanken fassen. Smultstronställe? Das bezeichnet einen stillen Rückzugsort in der Natur und kann alles Mögliche sein: ein Garten, ein Bungalow fürs Wochenende, ein Berggipfel oder jener „Waldbeerenplatz“, den das Wort aus dem Schwedischen wörtlich übersetzt bezeichnet.

Herrlich: Ein Jahr Auszeit

Zusammenhalten, der Funke der plötzliche Funke der Verbundensein, Solidarität: stilles Glücks
Zusammenhalten, der Funke der plötzliche Funke der Verbundensein, Solidarität: stilles Glücks © arthurhidden - stock.adobe.com

„Shmita“ ist hebräisch und stammt aus dem jüdischen Konzept für das siebte Jahr des landwirtschaftlichen Zyklus, in dem Land brach liegen sollte. Es meint die Vorstellung, ein Jahr „Auszeit“ zu haben, in der man nicht materiell produktiv sein muss, aber vielleicht spirituell generativ sein kann. „Koinonía“ könnte als plötzlich aufblitzender Funke der Verbundenheit umschrieben werden. Diese Brücke von dem einen zum anderen entsteht oft während oder nach einer gelungenen Kommunikation, bei einem Gespräch. Nicht alle Wörter aus Tim Lomas Sammlung gehen so tief. Da finden sich auch Wörter wie „Jayus“ aus dem Indonesischen. Es bezeichnet ein Gefühl, das jemand nach einem Witz hat, der so unlustig ist oder so lahm erzählt wurde, dass man schon alleine deshalb lachen muss.

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