Norbert Wally und Hilde Dalik schieben gute Vorsätze wie gesunde Ernährung und genügend Schlaf mitunter auf die lange Bank ...
Norbert Wally und Hilde Dalik schieben gute Vorsätze wie gesunde Ernährung und genügend Schlaf mitunter auf die lange Bank ... © KK

NORBERT WALLY: Also, wenn mich wer fragen würde, was ich für einen Lebensstil hätte, würde mir nicht viel einfallen. Überhaupt keinen, am ehesten.
HILDE DALIK: Ich versteh eigentlich auch nicht ganz, was das sein soll. Jetzt würde mir spontan einfallen: Mein Lebensstil ist chaotisch. Also, wenn man jetzt Stil nicht als Stil betrachtet, sondern so, wie man lebt. Wenn nichts geordnet ist, sondern alles ein bisschen durcheinander.

NORBERT: Okay, aber es ist etwas anderes auch. Als wir uns kennengelernt haben, hast du zum Beispiel noch getschickt und jetzt nicht mehr …
HILDE: Genau, ich hab vor zwei Jahren aufgehört zu rauchen.

NORBERT: Das gehört ja auch zum Lebensstil und damit ist das mit dem Lebensstil ja eher so ein Lebensphasen-Ding, oder? Etwas, das sich ständig und mit dem Älterwerden ändert …?
HILDE: In dem Fall schon. Aber wir sollten echt einmal klären, was man unter Lebensstil versteht.

NORBERT: Naja, zum Beispiel die Kleidung, würde ich sagen. Wüsstest du auf Anhieb und auswendig, von welcher Modemarke dein Shirt ist, dass du heute trägst?
HILDE: Nein, das weiß ich jetzt nicht. Manchmal weiß ich es. Wenn ich etwas Besonderes trage.

NORBERT: Ich glaube, Ernährung ist auch so eine Lebensstil-Frage.
HILDE: Ja, das stimmt. Das ist ja jetzt so „in“, dass man sich bewusst ernährt, mit Bio und so. Aber das kommt mir trotzdem ein bisschen verlogen vor.

NORBERT: Das heißt, du machst da nicht mit?
HILDE: Naja, es ist so eine komische Zeitgeist-Geschichte, die jetzt nicht nur mit Ernährung zu tun hat. Ich kenne Kindergarten-Eltern, die sagen, sie würden schon für Flüchtlinge spenden, aber in die Kindergartengruppe aufnehmen würden sie ein Flüchtlingskind eher nicht. Das ist so eine Mischung aus „Extrem auf Nummer Sicher gehen“ und trotzdem ein bisschen Rock ’n’ Roll leben wollen. Aber nur so ein bisschen, im gesicherten Rahmen. Auch bei Reisen. Da geht man heutzutage ja auch kein wirkliches Risiko mehr ein. Da schwingt schon eine gewisse Biederkeit mit.

NORBERT: Apropos Flüchtlinge. Da bist du ja sehr aktiv. Unter anderem machst du Theater mit afghanischen Flüchtlingen …
HILDE: Ja …

NORBERT: Gehört das jetzt zu Lebensstil oder ist das eine Lebenshaltung?
HILDE: Eben. Was ist jetzt Stil und was Haltung? Das sollten wir jetzt endlich klären! Ist Lebensstil etwas, das man sich bewusst überlegt und Lebenshaltung das, was von außen wahrgenommen wird?

NORBERT: Warte, ich schau mal auf Wikipedia nach. Da steht: „Lebensstil bezeichnet umgangssprachlich die Art und Weise der Lebensführung.“ Hilft uns das weiter?
HILDE: Ja, mir hilft das weiter! Es ist also einfach die Art, wie man sein Leben lebt. Ob bewusst oder unbewusst.

NORBERT: Also ist dein Engagement für Flüchtlinge nun Lebensstil oder Lebenshaltung?
HILDE: Ist ja eigentlich egal. Es ist einfach eine grundsätzliche Entscheidung, ob man da einen Beitrag zur Gesellschaft leisten will oder nicht. Ich versuche halt, da eine Art gesellschaftlichen Ausgleich zu schaffen. In meinem kleinen Wirkungskreis halt ...

NORBERT: Wäre dein Wirkungskreis ein größerer, wenn du zum Beispiel unbegrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung hättest? Ich denke oft darüber nach, ob Geld meinen Lebensstil in eine andere Richtung verändern würde …
HILDE: Wenn du zum Beispiel 30 Milliarden Euro auf dem Konto hättest?

NORBERT: Momentan würde es mir schon genügen, IRGEND etwas auf meinem Konto zu haben.
HILDE: Ja, ich glaube schon, dass Geld den Lebensstil beeinflusst. Man könnte zum Beispiel öfter einmal wohin reisen. Was würdest du mit so viel Geld machen?

NORBERT: Mit 30 Milliarden?
HILDE: Ja!

NORBERT: Ich würde erst mal meine Kredite abzahlen ...
HILDE: Gute Idee!

NORBERT: ... und dann wahrscheinlich wirklich einmal reisen. Vielleicht sogar ein Auto kaufen.
HILDE: Mit 30 Milliarden kannst du dir sogar einen Chauffeur leisten. Den könntest du dann ausbeuten. Glaubst du, dass sich der Besitz von so viel Geld negativ auf deinen Charakter auswirken würde?

NORBERT: Ja!
HILDE: Würdest du nur mehr an dich selber denken?
NORBERT: Hm, das weiß ich nicht. Aber was ich defintiv nicht glaube, ist, dass mich 30 Milliarden auf Dauer gesehen glücklicher machen würden.

HILDE: Eh nicht …
NORBERT: Ich würde auch mit niemandem tauschen wollen, der 30 Milliarden hat.

Während des Gespräches geben sich die Schauspielerin und der ­Musiker nicht immer zu hundert Prozent  lebensstilsicher
Während des Gespräches geben sich die Schauspielerin und der ­Musiker nicht immer zu hundert Prozent lebensstilsicher © KK



HILDE: Naja, wobei ... Da hätte man zumindest ein paar Grundsorgen weniger.
NORBERT: Das schon. Aber dafür würden 30 Millionen auch reichen. Fürs Erste würden mir 3000 Euro auch schon reichen. Für den jetzigen Moment würden mir sogar 30 Euro reichen. Dann könnt’ ich deinen Kaffee mitzahlen.

HILDE: Nein, warte, das übernehme ich schon!
NORBERT: Ich bin mir noch nicht sicher, ob das schon reicht. Die Länge des Gesprächs meine ich, nicht das Geld. Vielleicht sollten
wir noch ein bisschen über den Lebensstil reden. Dazu gehören angeblich auch die täglichen Routinen, wann man aufsteht, zu Bett geht und so.

HILDE: Das ist bei mir total unterschiedlich. Und ich merke, dass das schwieriger wird, je älter ich werde. Wenn ich am Abend Vorstellung habe, gehe ich nie vor 1 Uhr schlafen. Und dann gibt es Filmdrehs, wo man um 5.30 Uhr in der Früh abgeholt wird. Da kommt der Rhythmus komplett durcheinander. Mittlerweile freue ich mich schon, wenn ich ausgeschlafen bin.

NORBERT: Trotzdem wäre es ja auch fad, wenn jeder Tag komplett gleich ablaufen würde, oder?
HILDE: Das wäre für mich die komplette Katastrophe! Aber ich versuche trotzdem, das mit dem Schlaf auf die Reihe zu bekommen. Und ein bisschen sehne ich mich schon nach Routinen …
NORBERT: Bist du Frühstückerin?
HILDE: Das kann ich nicht einmal sagen. Eine Zeitlang habe ich überhaupt nicht gefrühstückt, also nur Kaffee und Zigaretten und irgendwann nur mehr Kaffee. Aber mittlerweile schätze ich ein Frühstück schon. Und ja, insgesamt sehne ich mich manchmal nach ein bisschen Ruhe …

NORBERT: Dann gönne ich die dir jetzt!
HILDE: Und jetzt ist Weihnachten dann auch schon wieder.