Gratulation zum Volkskulturpreis. Ist das der richtige Preis aus dem Preismenü des Landes Steiermark?
Wolfgang Jud: Auf jeden Fall, weil er, wie an der Reihe der letzten Preisträger:innen ersichtlich, für eine neue Volkskultur steht und für mehr Offenheit. Man kann sagen, wir sind ein Blasorchester, eine Big Band oder ein symphonisches Orchester. Wir reizen alles aus, was möglich ist. Aber wir sind natürlich in der Volkskultur verhaftet. Viele der rund 70 Mitglieder des Orchesters kommen aus dem ländlichen Raum, spielen in Musikkapellen, werden damit musikalische Vorbilder und übernehmen Verantwortung in der Nachwuchspflege.

Was macht den Erfolg des Landesjugendblasorchester aus?
Elisabeth Krenn: Als Profimusiker haben wir ein anderes, modernes Bild der Blasmusik. Dass man Popmusik mit einem Blasorchester spielen kann, ist für viele Musikinteressierte neu und spannend. Deshalb haben wir gute Plattformen bekommen, zum Beispiel den ORF, der einen Bericht über unser Neujahrskonzert im Stefaniensaal gestaltet und gesendet hat. Erfolg ist für uns, wenn wir Menschen erreichen, die unsere Musik begeistert.
Jud: Wir haben uns einfach getraut, neue Elemente mit der Blasmusik zu verbinden. Das, verbunden mit der Kontinuität unseres Zusammenspiels, begründet sicher unseren Erfolg. Aber wir wollen noch näher zu den Leuten hin, die nicht so viel mit Blasmusik zu tun haben.
Markus Adam: Wir leben einen freundschaftlichen Zusammenhalt und sind dauernd in Kontakt. Daraus entstehen eine besondere Energie und Spielfreude. Zentral für den Erfolg ist aber die Nachwuchsarbeit in der Landes­jugendblasorchester-Akademie, aus der die meisten Orchestermitglieder kommen.


Wie fühlen sich die Auftritte nach der Corona-Zwangspause vor Publikum an?
Adam: Das Strahlen der Musiker:innen war noch nie so stark. Auf der Bühne wieder zusammenzukommen, war großartig.
Krenn: Es war ganz stark zu spüren, dass das Publikum bereit war, uns im Voraus seine Energie zu schicken. Das merkt man beim Spielen – und da gibt es dann noch mehr beflügelnden Austausch und Interaktion zwischen den Musiker:­innen.

Wie setzt sich das Orchester zusammen?
Jud: In Österreich haben wir eine einzigartige Situation mit dem dichten Netz des Blasmusikverbands und mit den Kapellen. Das ist ein Faktor für Identität. Viele brennen für ihre Kapelle, ihren Ort. Aus dieser Vielzahl junger Musiker:innen können wir schöpfen. Viele kommen von der Blasmusik-Akademie, studieren, andere sind aber Juristen, Pharmazeuten, studieren auf der FH … Und sie müssen unter 30 Jahre alt sein.

Verdient das Orchester Geld?
Jud: Geld verdienen wir nicht. Die Einnahmen aus Kartenverkäufen brauchen wir für Proben und Konzerte. Da fallen Saalmieten an, Bus-Transfers, Hotelkosten im Kontext von Konzerten, zu denen wir eingeladen werden. Wir waren bei zwei internationalen Wettbewerben, in Slowenien und Kroatien, wir haben aber auch im Brucknerhaus Linz, im Wiener Konzerthaus, bei den Promenadenkonzerten in Innsbruck und in der Oper Graz gespielt.

Gibt es ein vergleichbares Orchester?
Krenn: Das können wir mit „nein“ beantworten. So flexibel, vielfältig und qualitätsvoll: Das ist schon was! Dahinter stecken viel Engagement und Konzentration auf einen Stilmix, der uns ziemlich einzigartig macht.

Wie liefen die Proben während der Corona-Pandemie ab?
Adam: Da konnten wir leider überhaupt nicht proben. Wir machten einige Musikvideos und einen Neujahrsgruß, der in ganz Österreich sehr gut angekommen ist: ein YouTube-­Video mit dem Chineser-Galopp von Johann Strauss Vater.

Wie erarbeiten beziehungsweise proben Sie Ihre Programme?
Jud: Das ist ein langer Prozess, den wir gemeinsam mit unseren Komponisten und Arrangeuren gehen. Man hat etwas im Kopf … das muss choreografiert, die Spannung aufgebaut werden … dann wird das Konzept umgeschmissen und neu erarbeitet. Wenn das Programm feststeht, werden die Noten kopiert und jeder übt für sich. Die erste Probe erfolgt in der Folge jeweils in Kleingruppen, nach Instrumenten strukturiert. Nur Klarinetten, nur Saxophone, nur Trompete. Am zweiten Probentag versammelt sich das gesamte Orchester und arbeitet vier Tage gemeinsam. Dabei wird gemeinsam an der Qualität gefeilt.

Wie geht es weiter, gibt es Pläne, wohin das Orchester will?
Jud: Am 6. Jänner 2022 fand mein letztes Konzert mit dem LJBO statt. Ich habe diese Arbeit mit großer Freude über 15 Jahre gemacht. Wir haben viel gemeinsam erreicht … Ich hatte das Gefühl, es ist Zeit für mich zu gehen. Wie es weitergeht? Das wird sich in den nächsten Monaten zeigen, vielleicht wird sogar eine andere Form des Klangkörpers entstehen.