Sie sind Theaterwissenschaftler, Dramaturg, Performer. Wann und wie ist das Schreiben dazugekommen? Was hat Sie ermutigt, selbst künstlerisch zu arbeiten?

FERDINAND SCHMALZ: Ich war zunächst Regieassistent, habe aber bald bemerkt, dass mir das gar nicht liegt: Viel zu fad und die Probenarbeit sehr beschwerlich … immer den Schauspielern Anweisungen geben. Ich habe mich viel lieber mit Texten beschäftigt. Wir haben die Performancegruppe „Mulde 17“ gegründet und ein Nilpferd gebaut, dessen Bauch wir mit Texten von mir bespielt haben. Man konnte durchkriechen. Aus den überschüssigen Texten sind Stücke entstanden.
Damals habe ich bemerkt, dass Tüfteln am Schreibtisch, Spracharbeit „meines“ ist. Theaterstücke schreiben sich schneller, dann überarbeite ich sie. Ein Roman braucht mehr Disziplin, auch Rückzug.

Wo schreiben Sie, wie kann mach sich das vorstellen? Gibt es einen bestimmten Prozess?
Das läuft immer ganz gleich ab. Erstens: Theorie – lesen, überlegen, Input holen (Bilder und Fotos an den Wänden). Zweitens: Schreibphase – intensiv und schnell. Drittens: Überarbeiten – laut lesen, rhythmisieren.



Corona. Wie ist es Ihnen in der Zeit des Lockdowns gegangen? Wo haben Sie sich aufgehalten? Und sind diese Monate nicht geradezu aufgelegt, ein Stück darüber zu schreiben? Über die Menschen, ihre Ängste, das Absurde und Reglementierte?

Das Herausgerissen-Sein war gut. Man muss die Katastrophe annehmen,
sich zurücknehmen dürfen. Viele KünstlerInnen haben produziert. Ich wollte mich rausnehmen, das Erlebte sacken lassen. Vielleicht gibt es in einem Jahr einen Text, der reflektiert, was durch Corona passiert ist. Ich frage mich derzeit: Was bedeutet diese Zäsur für die eigene Arbeit? In Admont, wo meine Eltern leben, war ich im Wald, im Garten, habe gelesen, mir Input geholt. Zum Beispiel Miranda July: Der erste fiese Typ. Ein tolles Romandebüt.

© Katharina Wraubek



Wir Steirer sagen, Sie sind ein steirischer Künstler. Was ist die Steiermark für Sie? Welchen Heimatbegriff haben Sie?

Wenn man ein bisschen Erfolg hat, wird man sofort als Steirer, Wiener, Admonter oder Alsergrunder apostrophiert. Das Kommen aus der Steiermark ist sicher prägend. Mein Heimatbegriff ist allerdings ein ambivalenter. Mit der Heimat ist es wie mit der Familie, man hält es nicht mit ihr aus, aber auch nicht ohne sie. Das hat sowohl Vor- als auch Nachteile;man freut sich und leidet gleichzeitig auch.

© Katharina Wraubek



Worauf dürfen sich die Leser*innen als Nächstes freuen? Woran

arbeiten Sie, und kann man Ihre Werke bereits in anderen Sprachen lesen?

Ich schreibe an einem Roman, der bei Fischer verlegt wird. Mein Text
„mein lieblingstier heißt winter“, mit dem ich den Bachmann-Wettbewerb gewonnen habe, ist die Basis dafür. Es geht um einen Tiefkühlwarenvertreter auf der Suche nach einer Leiche. Der Roman ist an den Rändern der Stadt angesiedelt. Es macht Spaß, Prosa zu schreiben. Man kann es beim Schreiben laufen lassen, die Leser*iInnen gehen mit, kann den Verzweigungen der Fiktion nachgehen. Ich versuche, die Aufmerksamkeit der LeserInnen, hinsichtlich Spannung und Figurenkonstellation mitzudenken. Übersetzungen meiner Stücke gibt es bereits in Englisch, Slowakisch und Polnisch.