Das Weltwirtschaftsforum untersucht jedes Jahr in 153 Ländern, wie es um die Gleichstellung der Frau bestellt ist. Das Fazit ist seit elf Jahren in Folge gleich: In Island lässt es sich als Frau am besten leben.Österreich rangiert aktuell übrigens auf Platz 34.
Was macht Island besser als der Rest der Welt?
„Die Taktik der isländischen Fußballspielerinnen und Fußballspieler, die in wenigen Jahren einen sagenhaften Aufstieg hinlegten, entspricht dem Leben in Island: Nichts ist fest, alles geht, wir machen das, was jetzt gut für alle ist. Das muss nicht bedeuten, dass es morgen dieselbe Strategie bleibt“, schreibt die deutsche Autorin Anne Siegel in ihrem soeben erschienenen Buch „Wo die wilden Frauen wohnen“, in dem sie zehn außergewöhnliche Isländerinnen porträtiert.
In einem Land aus Feuer und Eis, in dem das Wetter an einem einzigen Tag alle vier Jahreszeiten durchlaufen könne, habe sich der Mensch naturgemäß auf eine flexiblere Problemlösung eingestellt, sagt Siegel im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Das Leitmotiv der Isländer? Petta reddast - wird schon klappen.
Island machte 1980 Vigdís Finnbogadóttir zur Präsidentin, sie war weltweit die erste Frau, die zum Staatsoberhaupt eines Landes gewählt wurde. Mit Johanna Sigurdardottir hatte Island von 2009 bis 2013 die weltweit erste Regierungschefin, die sich offen zu ihrer Homosexualität bekannt. Seit 2017 ist mit der dreifachen Mutter Katrin Jakobsdóttir erneut eine Frau Premierministerin.
Island war das erste Land weltweit, das per Gesetz Unternehmen zur gleichen Bezahlung von Männern und Frauen verpflichtete, wer dagegen verstößt, muss Strafe zahlen.
Island hat ein eigenes Ministerium für Gleichberechtigung und die Kinderbetreuung wird subventioniert. Auf der ganzen Welt gibt es kein anderes Land, in welchem die Elternzeit so ausgeglichen zwischen Vater und Mutter geregelt ist. „Ich habe in Reykjavik einmal in der Nähe eines Kindergartens gewohnt und mich gewundert, dass ich jeden Tag nur Männer gesehen habe, die ihre Kinder dort hingebracht und abgeholt haben“, erzählt Anne Siegel. Dann hätten ihr isländische Freunde erklärt, dass es in Island unmännlich sei, wenn ein Vater sein Kind nicht zur Schule oder in den Kindergarten bringe.
Das Besondere an Island sei, dass sich auch Männer als Feministen bezeichnen würden. „Die Männer Islands waren aber auch nicht immer so“, sagt Anne Siegel. Die große Veränderung hätte Mitte der 1970er-Jahre eingesetzt.
Am 24. Oktober 1975 erlebten die isländischen Männer, dass sie ohne ihre Frauen aufgeschmissen waren, als 90 Prozent aller Isländerinnen - von den Fischfabrikarbeiterinnen bis zu den Professorinnen - in einen großflächigen Streik traten, den sie „Frauenruhetag“ nannten.
Es sollte der entscheidende Anstoß für Islands Aufstieg zum Musterland der Gleichstellung werden. Isländische Frauen wurden bis dahin noch deutlich schlechter bezahlt als Männer. Gegen diese Benachteiligung gingen viele auf die Barrikaden, allen voran die „Roten Socken“, der isländische Ableger einer feministischen Gruppe, die in New York gegründet worden war und denen die Isländerinnen so bestimmt folgten, dass sich sogar Männer dem Protest anschlossen. Anne Siegel erklärt: „Die große Solidarität untereinander trug die Frauen noch lange, nachdem sie an ihre Arbeitsstätten zurückgekehrt waren.“