In der Gründerszene hat sich Michael Altrichter durch den Aufbau der paysafecard, eines ebenso einfachen wie sicheren Online-Bezahlsystems, das er gemeinsam mit drei anderen gegründet hat, einen Namen gemacht. Zu seinen aktuellen Investments zählen Apps und E-Services wie Wikifolio, tourradar sowie Technologieunternehmen wie Cleen Energy. Erfolgreich verkauft hat er unter anderem die paysafecard und Payolution, ein Bezahlsystem für Online-Shop-Betreiber.

Das folgende Gespräch bietet einen Vorgeschmack auf seinen Vortrag, den er am 18. Oktober beim Think-Digital-Congress in Graz als Keynote-Speaker halten wird.

Sie sind seit neun Jahren als Business Angel aktiv, in letzter Zeit setzen Sie verstärkt auf Impact-Investment. Was versteht man darunter?

Über den Begriff bin ich im Rahmen der Fernsehshow „2 Minuten 2 Millionen“ gestolpert. Er bezeichnet das Fördern von sozialem Unternehmertum – sprich von Unternehmen, die ihren Profit in erster Linie an der Lösung eines gesellschaftlichen Problems messbar machen. Ein Beispiel dafür ist Discovering Hands, ein Projekt, das blinde Frauen zu medizinischen Tastuntersucherinnen ausbildet, die im Rahmen der Brustkrebsfrüherkennung eingesetzt werden und die so aus ihrer Behinderung eine nützliche Begabung machen. Ich habe mir zum Ziel gemacht, den Impact-Investment-Ansatz zu verinnerlichen und mit gutem Beispiel in Österreich voranzugehen. Ich wünsche mir, dass weitere Investoren mit mir diesen Weg gehen und Impact-Investments in ihre Portfolios aufnehmen.

Wie sehen Sie die Situation für Unternehmer/Gründer in Österreich – bürokratisch und gesellschaftlich? Wie geht man am besten vor, wenn man Unternehmer werden will?

In dieser Hinsicht bietet Österreich Vor- und Nachteile. Per se ist der Österreicher mehr Sicherheitsdenker als Paradeunternehmer. Das sieht man auch bei Anlagen, wo risikoarme Bausparer bzw. Sparbücher noch immer die beliebtesten Formen sind, während in Aktien eher spärlich investiert wird. Insofern gibt es gesellschaftlichen Nachholbedarf. Es sollte viel mehr nach außen getragen werden, dass Gründen cool ist, Unternehmer zu sein Spaß macht und die Wirtschaft und Innovationen vorantreibt. Was wiederum positiv ist: In Österreich wird stark durch die öffentliche Hand gefördert. In den letzten Jahren hat sich eine ganz tolle Start-up-Szene entwickelt, nicht zuletzt durch die Gründung der AAIA (Austrian Angel Investors Association, eine Interessensvertretung für Business Angels), den Börsegang von startup300 (dem größten Ökosystem für Start-ups und Innovatoren sowie Innovative Corporates) und durch die TV- Show „2 Minuten 2 Millionen“.

Start-ups gibt es heutzutage wie Sand am Meer, aber nur wenige schaffen wirklich den Durchbruch. Was sind die Hauptgründe fürs Scheitern?

Man muss sich über eines im Klaren sein: Scheitern gehört zum Gründen einfach dazu. Neun von zehn Start-ups scheitern. Jedes zweite neue Unternehmen scheitert daran, dass es ein Produkt kreiert, das am Markt schlichtweg nicht gebraucht wird. Der zweithäufigste Grund ist eine falsche Zusammenstellung des Gründerteams bzw. interne Streitigkeiten. Geraten die falschen Gründer aneinander oder werden innerhalb eines Teams nicht alle Kompetenzen abgedeckt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Start-up failt, relativ hoch. Der dritte Grund ist klassisch: Geldmangel. Das ist dann wie Tod durch Herzversagen.

Wie entscheiden Sie, in welche Unternehmen Sie investieren?

Da gibt es eine Reihe von wichtigen Punkten auf die ich achte. Erstens muss der Markt für ein Produkt ausreichend groß sein. Weiters sollte das Produkt eine technologische Neuheit darstellen bzw. das Business- oder Geschäftsmodell disruptiv sein. Disruptiv bedeutet, dass dadurch ganze Märkte aufgebrochen und die Spielregeln einer Branche verändert werden – sprich, die Idee dahinter ist neu und innovativ.

Beispiele aus der Vergangenheit sind die Digitalfotografie, Musik-Streamingdienste oder der 3-D-Druck. Allerwichtigstes Entscheidungskriterium ist für mich allerdings das Gründerteam und das gegenseitige Vertrauen und die Wertschätzung zwischen Gründern und Investoren. Sind diese Faktoren nicht gegeben, ist ein Start-up von vornherein zum Scheitern verurteilt. Anders gesagt: Ein gutes Team hat auch mit einem schlechten Produkt eine Chance – ein schlechtes Team versemmelt mit Sicherheit auch ein richtig gutes Produkt.

In welchen Branchen haben Start-ups in den nächsten Jahren die besten Chancen?

Vielversprechend sind auf jeden Fall alle Hightech-Branchen wie Health-Tech, neue Lebensmittel beziehungsweise Food-Revolution, der IKT-Bereich (Informations- und Kommunikationstechnologie), künstliche Intelligenz oder selbst fahrende Fahrzeuge.

Wie ist Ihre Einschätzung: Wird die Anzahl an neuen Start- ups in Zukunft eher ab- oder eher zunehmen?

Die Menge an Start-ups steigt zum Glück. Es gibt immer mehr Gründer, die sich drübertrauen, immer mehr diesbezügliche Veranstaltungen, die Szene wächst und wächst. Nicht ganz so optimal ist, dass sich das Verhältnis von guten zu schlechten Start-ups derzeit etwas nach unten bewegt. Gute Start-ups muss man momentan wirklich mit der Lupe suchen, das war vor zehn Jahren noch etwas anders. Absolut gesehen gibt es zwar mehr gute Start-ups als früher, aber im Wildwuchs der Gründerszene ist es deutlich schwieriger geworden, die guten zu finden.

Welche sind Ihre wichtigsten Tipps für junge Unternehmer?

Erstens: Ausprobieren und starten – just do it! Zweitens: Dranbleiben, auch wenn es schwierig wird. Früher oder später wird es auf jeden Fall schwierig – das Tal der Tränen bleibt keinem Start-up erspart. Drittens: Mit Gefühl, Herz und Hirn und dem richtigen Maß an Menschlichkeit an die Sache herangehen – dann wird sich auch der Erfolg einstellen.

Last, but not least: Wie sah Ihr eigener Weg hin zum Unternehmertum aus? Sie sind ja Absolvent der Technischen Physik ...