Der deutsche Regisseur kondensiert Beethovens Befreiungsoper auf drei statische Bühnenräume, die in seiner typischen Stilistik streng in Grau, Schwarz und Weiß gehalten sind. Farblos ist die Inszenierung aber keineswegs. Wie bei Stanley Kubricks "2001 - Odyssee im Weltraum" spielt eine schwarze Stele die räumliche Hauptrolle, als Sinnbild für das fatale Schicksal des Menschen.
Auch die anstelle der Rezitative gesetzten Soundcollagen erinnern an György Ligetis "2001"-Soundtrack. Die Entscheidung, auf die Dialogpassagen zu verzichten, erweist sich dabei als goldrichtig, um dem Stück mehr Stringenz zu geben. Und durch Torsten Ottersbergs Klangdesign bleiben die einzelnen Arien so isoliert für sich, dass sie sich mit der Grundintention der Regie decken, die einzelnen Figuren als verloren zu zeigen - im überdimensionierten Raum wie im Leben. Eine Verbindung zwischen den Menschen ist hier nicht mehr möglich, ebenso wenig wie zwischen den Arien.
Poetische Momente wie wandernde Schatten als Dopplung der Hauptfiguren stehen dabei jedoch immer wieder einer schwachen Personenführung gegenüber. Die Idee, Leonore mit einer Gebärdendolmetscherin zu doppeln, überzeugt auch nicht. Das Schlussbild erscheint schließlich im falschen Glanz eines überdimensionalen Kronleuchters, der den trügerischen Optimismus symbolisiert. Und Florestan stirbt.
Trotz seiner Kühle und dem eleganten Minimalismus gibt das Regiekonzept damit Startenor Jonas Kaufmann die Bühne für veritables Sängertheater. Und was soll man zu dem Auftritt des deutschen Startenors sagen? Der 46-Jährige spielt einfach in einer eigenen Liga mit seiner Stimme, die er mit Interpretationskunst zu vereinen weiß - was sich auch wieder beim Florestan, eine seiner Paraderollen, erwies. Adrianne Pieczonkas Leonore fehlt in den dramatische Momenten hingegen etwas die Durchschlagskraft, was sie in den lyrischen Passagen wieder wettmachte.
In seinem Debüt bei den Salzburger Festspielen stach der deutsche Bass Hans-Peter König hervor, dessen Timbre sich sämig wie dunkles Karamell anlässt. Weniger überzeugend sang als Marzelline Olga Bezsmertna, die sich mit den Tiefen müht und das Legato zur Höhe gänzlich vermissen lässt. Tomasz Konieczny ist ein bisweilen überprononcierender, aber grundsolider Don Pizarro.
Die eigentlichen Stars des Abends waren allerdings die Wiener Philharmoniker unter Franz Welser-Möst, der das Orchester zackig und glasklar durch die Beethoven-Partitur führte. Hier ist nichts verschliffen, hingeschludert. Nimmt Welser-Möst bereits in der Ouvertüre die Pausen nicht überbordend, sondern mit Verve, brillierten die Philharmoniker vollends in der 3. Leonoren-Ouvertüre, die der Konvention entsprechend als Zwischenspiel vor dem Schlussbild eingesetzt wurde. Exzessive Tempi und Spielwitz vermischen sich hier mit kühl-schimmerndem Glanz und immer wieder auch großer Zartheit. Dramaturgisch wäre es ungeachtet der musikalischen Brillanz allerdings konsequenter gewesen, auf dieses Zwischenspiel wegen der narrativen Verdichtung zu verzichten.
"Das ist eine schwere Nuss", hatte Claus Guth im Vorfeld gegenüber der APA seine langjährige Skepsis gegenüber einer "Fidelio"-Inszenierung begründet. Geknackt hat er sie in den Augen vieler am Dienstag nicht.
Wer sich persönlich ein Bild des Salzburger "Fidelio" machen möchte und keine Karten mehr für die ausverkauften Vorstellungen bekommen hat, für den sendet am 13. August ORF 2 die Inszenierung ab 20.15 Uhr. Und 3sat zeigt am 22. August ebenfalls ab 20.15 Uhr eine Aufzeichnung.