1) Das Ergebis war nicht überraschend, die Meinungsforscher hatten das prognostiziert. Dass Pilz reinkam, die Grünen nicht, hatte niemand vorhergesagt.

2) Das Ergebnis kommt einem politischen Erdbeben gleich. Seit 1970 lag die SPÖ bei allen Wahlen vorne (mit einer Ausnahme 2002), seit damals stellte sie auch den Kanzler (mit einer Ausnahme 2000 bis 2007). Nun liegt man auf Platz zwei, die ÖVP ist wieder einmal auf Platz eins, wie eben 2002 und zuvor 1966 (!). Bis in die frühen Morgenstunden wurde im türkisen Zelt beim Salon Hübner gefeiert. Und die Freiheitlichen sind wieder dort, wo sie Haider 1999 hingeführt hatte (wiederholt sich die Geschichte?).

3) Dass nur die Grünen rausfliegen, hatte niemand prophezeit. Dreiviertel der grünen Wähler blieben zu Hause oder gingen fremd. Der dickste  Balken bei der Wählerstromanalyse geht von den Grünen zur SPÖ (161.000 Stimmen). Die Grünen müssen nach 31 Jahren ihre Sachen packen. Die Schuld nur Peter Pilz in die Schuhe zu schieben, ist zu einfach. Der Wechsel nach Glawischnig war suboptimal (mit drei Spitzenkandidaten: Felipe als Chefin, Steinhauser als Klubobmann, Lunacek als Spitzenkandidatin).

4) Wie bereits x-fach analysiert, haben wir einen Rechtsruck erlebt, FPÖ und ÖVP gewannen gemeinsam zwischen 14 und 15 Prozent. Meine Analyse: Die Ergebnisse sind die Nachwehen, die Nachbeben der Flüchtlingskrise des Jahres 2015.

5) Kurz hat in den TV-Duellen verloren, seine rhetorischen Endlosschleifen haben ihm sicherlich geschadet. Hätte der Wahlkampf noch drei Wochen gedauert, hätte er womöglich Platz eins verloren - nicht an Kern, wie manche meinen, sondern an Strache.

6) In der SPÖ hat der Niessl-, Doskozil-, Ludwig-Flügel verloren. Man schaue sich nur die Ergebnisse im Detail an. Womöglich geht das Burgenland noch an die ÖVP verloren, wenn alle Wahlkarten ausgezählt sind. Wien wäre dann die letzte rote Bastion.

7) Kern hat besser abgeschnitten als befürchtet, er bleibt vorerst SPÖ-Chef. Dass er in den nächsten fünf Jahren auf der Oppositionsbank Platz nehmen wird, glaube ich nicht. (Spekuliert wird, dass er zur deutschen Bahn oder zu Haselsteiner geht).

8) Schwarzblau dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit nach die nächste Regierung stellen. Zu 100 Prozent ist es allerdings nicht. Einen Rotblau-Versuch wird es nocht geben, allerdings mit wenig Aussicht auf Erfolg. Die SPÖ liegt zu weit abgeschlagen hinter der ÖVP.

9) Dass Schwarzblau in drei Wochen steht, das kann ich mir nicht vorstellen. Kurz hätte es gern, die FPÖ wird sich den Eintritt in die Regierung teuer abkaufen lassen. Als Hintertüre kann man immer noch mit der SPÖ verhandeln. Wann die Regierung steht? Wahrscheinlich im Dezember.

10) Wer der nächsten Regierung angehört? Mein Tipp: Kurz wird Kanzler, Strache Vizekanzler und Innenminister. Das Außenministerium wird türkis (Köstinger), das Finanzministerium übernimmt Josef Moser. Die Freiheitlichen bekommen Soziales und/oder Infrastruktur. Vielleicht wird Hofer - entgegen den Usancen - Parlamentspräsident.

11) Kurz wäre aktuell der jüngste Regierungschef der Welt. Franz Joseph wurde mit 18 Kaiser, Maria Theresia mit 23 Jahren Regentin, Gaddafi übernahm mit 27 das Regime in Libyen, Kim wurde mit 30 Jahren Diktator in Nordkorea.

Von den demokratisch legitimierten Politikern gibt es nur einen jüngeren: Mario Frick in Liechtenstein, er war 28. Victor Orban war 35, Emmanuel Macron 39, Felipe Gonzales und Justin Trudeau bereits über 40. 

12) Was noch von Interesse ist, sind die Ergebnisse der Vorzugstimmen. Kommt Cap doch rein? Was ist mit Lopatka, Karl-Heinz Kopf?

Es bleibt spannend.