Es ist ein Kopf-an-Kopf Rennen in Amerikas späten Abend- und Europas frühen Morgenstunden. Donald Trump schlägt sich wesentlich besser als von vielen erwartet, allen voran die Meinungsforscher müssen sich und ihre Zunft hinterfragen. Immer mehr Wahlbeobachter stellen sich also die Frage , wie sich das Verhältnis zwischen den USA und Europa unter der Führung von Donald Trump entwickeln würde, sollte er am Ende dieses Wahlabends die Nase vorn haben.

Donald Trump steht für eine Rückbesinnung auf eine protektionistische Wirtschaftspolitik. "Amerika wieder groß machen" war sein Wahlkampf-Motto. Andere, auch Europa,  mögen sich wieder mehr selbst um sich und ihre Sicherheit kümmern.

Trump stellt die Nato in Frage bzw. fordert von Europa, sich mehr um sich selbst und um die Welt zu kümmern. Er stellt TTIP die Frage - Meinungsumfragen besagen, dass auch zwei von drei Trump-Wählern gegen den Freihandel, gegen das Öffnen des US-Marktes sind. Und Trump gilt als Bremser in Bezug auf die Maßnahmen, die der Weltklimagipfel beschlossen hat.

Donald Trump gilt als sprunghaft und unberechenbar, aber es wird viel davon abhängen, wer ihn berät, wer die außenpolitischen Agenden übernimmt. Europa hat ihm bisher die kalte Schulter gezeigt und muss sich und seine Diplomaten erst auf die neue Wirklichkeit einstimmen.

Hillary Clinton steht für Polit-Kompetenz und Verlässlichkeit. Sie hätte den Obama-Kurs fortgeführt, die Führungsrolle der USA in der Welt unterstrichen, vermutlich die Verhandlungen über TTIP neu aufgenommen.

Worin genau  unterscheiden sich die Positionen? Hier ein Überblick darüber.

ABTREIBUNG: 

Clinton will das von den Republikanern seit Jahren attackierte Recht auf Abtreibung erhalten. Frauen sollen selbst entscheiden, ob sie einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen. Der Staat soll sich aus dieser Frage heraushalten.

Trump stand dem Recht auf Abtreibung positiv gegenüber, hat seine Meinung aber inzwischen geändert. Im Wahlkampf sagte er sogar einmal, Frauen oder Ärzte sollten für Schwangerschaftsabbrüche „irgendwie bestraft“ werden.

ARBEIT UND SOZIALES: 

Clinton ist für die Erhöhung des Mindestlohns auf US-Ebene von derzeit 7,25 US-Dollar auf 15 Dollar, wie es einige US-Bundesstaaten vorgemacht haben. Die Ex-Außenministerin musste Anleihen im Programm ihres Vorwahlkonkurrenten Bernie Sanders nehmen, um dessen Wählerinnen und Wähler nicht zu verprellen.

Trump will US-Unternehmen zwingen, ins Ausland verlagerte Arbeitsplätze wieder in die USA zurück zu bringen. Illegale Ausländer sollen abgeschoben werden, damit Jobs für Amerikaner frei werden.

AUSSENPOLITIK UND VERTEIDIGUNG:

Clinton steht grundsätzlich für eine Fortsetzung der Außenpolitik Barack Obamas, dem sie in dessen erster Amtszeit als Außenministerin diente. So ist weiter damit zu rechnen, dass die USA keine Alleingänge wie unter Präsident George W. Bush machen, sondern auf die Zusammenarbeit mit Alliierten setzen. Allerdings wird Clinton nachgesagt, dass sie - anders als Obama - das Militär stärker als Mittel zur Durchsetzung außenpolitischer Interessen ansieht. Vorbild ist die auch von Clinton betriebene US-Intervention zum Sturz des libyschen Machthabers Gaddafi im Jahr 2011. Gut möglich, dass solche Einsätze wiederholt werden. Clinton schließt zwar aus, US-Bodentruppen in großer Zahl nach Syrien und in den Irak zu schicken. Doch sie ist für die Einrichtung von Flugverbotszonen in Syrien, die militärisch abgesichert werden müssten, um Wirkung zu zeigen. Mit Russlands Präsident Wladimir Putin liegt Clinton über Kreuz.

Trump dagegen steht - zumindest seinen Worten nach - für „America first“. Die Außenpolitik des Landes soll sich ausschließlich an den Interessen der Vereinigten Staaten ausrichten. Er hat die Nato in Frage gestellt. Er will, dass Deutschland, Japan und Südkorea mehr Geld für den Schutz durch das US-Militär bezahlen. Trump spricht davon, die US-Streitkräfte seltener ins Ausland zu schicken. Gleichzeitig will er aber den internationalen Terrorismus stärker bekämpfen als Amtsinhaber Obama. Zudem kündigte er in Reden an, das Militär stärken zu wollen. Putin wurde von Trump mehrfach gelobt. Der Immobilienunternehmer warnte sogar vor einem „Dritten Weltkrieg“, sollten sich die USA, wie unter einer Präsidentin Clinton denkbar, stärker als bisher in den syrischen Bürgerkrieg einmischen.

BILDUNG:

Clinton will den Zugang zu Universitäten erleichtern. Studenten aus ärmeren Familien sollen keine Studiengebühren mehr bezahlen müssen. Auch das ist ein Plan, den Clinton bei Sanders abgeschaut hat. Studenten aus der Mittelschicht sollen unterstützt werden, damit sie am Ende ihrer Uni-Ausbildung nicht Schulden haben, die sie oft jahrzehntelange abstottern müssen. Studienschulden in Höhe von 100 000 US-Dollar sind in den USA keine Seltenheit.

Trump will, dass sich die Regierung in Washington aus Bildungsfragen so weit wie möglich heraushält. Die einzelnen Bundesstaaten sollen entscheiden. Trump hat angekündigt, 20 Milliarden US-Dollar aufbringen zu wollen, um Schüler aus den ärmsten Familien zu fördern. Auch will er das sogenannte „home schooling“ ausbauen: Eltern unterrichten ihre Kinder zu Hause. Das soll vor allem konservative Christen ins Trump-Lager locken.

EINWANDERUNG:

Die etwa elf Millionen Einwanderer, die illegal in den USA leben, sollen nach Clintons Vorstellungen die Chance erhalten, US-Staatsbürger mit allen Rechten und Pflichten zu werden.

Davon hält Trump nichts. Er will die Illegalen in ihre Heimatländer abschieben und eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen.

FREIHANDEL: 

Clinton hat auf die Kritik von links reagiert und ist inzwischen gegen den transpazifische Freihandelsabkommen TTP, das sie noch vor Jahren unterstützt hat. Ihr Versprechen: Sie werde kein Abkommen unterzeichnen, das schlecht für die USA sei. Das gibt ihr zumindest die Möglichkeit, einen Vertrag zu unterschreiben, den sie für positiv hält.

Trump wettert seit Monaten gegen alle internationalen Freihandelsabkommen. Er nennt sie den wichtigsten Grund für den wirtschaftlichen Abstieg der USA. Wenn Trump Präsident werden sollten, dann dürfte auch das amerikanisch-europäische Abkommen TTIP für lange Zeit auf Eis liegen.

GESUNDHEIT:

Clinton will am Krankenversicherungssystem „Obamacare“ festhalten, über das fast 20 Millionen Amerikaner erstmals in ihrem Leben Versicherungsschutz bekommen. Allerdings will sie das System überarbeiten, denn die Beiträge schießen in die Höhe.

Trump ist - wie die meisten Republikaner - ein Gegner von „Obamacare“. Er will das System sofort nach Amtsantritt abschaffen und ersetzen. Details ist er bislang schuldig geblieben. Es zeichnet sich aber ab, dass Trump mehr Wettbewerb auf dem Versicherungsmarkt will.

HOMO-EHE:

Clinton ist für gleichgeschlechtliche Partnerschaften und wendet sich gegen alle Versuche, die höchstrichterlich abgenickte Homo-Ehe wieder einzuschränken oder gar abzuschaffen.

Trump hat sich zwar nicht offen für die Homo-Ehe ausgesprochen, aber wie Clinton wiederholt vor Diskriminierung gewarnt.

KAMPF GEGEN DEN ISLAMISCHEN STAAT:

Clinton will die Luftangriffe gegen den sogenannten IS verstärken und die sogenannten gemäßigten Anti-Assad-Rebellen in Syrien stärker unterstützen.

Trump spricht zwar immer wieder davon, dass er einen Plan zur Vernichtung der Dschihadistenmiliz habe, verrät ihn aber nicht. Auffallend ist, dass er offenbar über eine militärische Zusammenarbeit der USA mit Russland in Syrien nachdenkt.

KRIMINALITÄT UND INNERE SICHERHEIT:

Clinton will die Ungerechtigkeiten im Justizwesen beseitigen. Afro-Amerikaner werden in den USA viel häufiger als Weiße wegen geringer Vergehen eingesperrt. Auch sollen Körperkameras für Polizisten Pflicht werden, um die Zahl tödlicher Übergriffe zu verringern. Clinton will das Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba schließen. Die Geheimdienste sollen besser ausgestattet werden, um potenziellen Terroristen in den USA schneller auf die Spur zu kommen.

Trump geriert sich als Vertreter einer harten Linie von Recht und Ordnung. Die Polizei habe kein Rassismus-Problem, sagt er. Er will das sogenannte „ethnic profiling“ ausbauen - ein System, in dem Polizisten Personenkontrollen auch nach Merkmalen wie der Hautfarbe verdachtsunabhängig machen dürfen. Guantanamo soll bestehen bleiben. Folter von Terrorverdächtigen mit Methoden wie dem Waterboarding ist für Trump kein Problem. Von seinem Plan, keine Muslime mehr in die USA einreisen zu lassen, um potenzielle Terroristen aus dem Land zu halten, ist Trump inzwischen abgerückt.

STEUERN:

Clinton will Besserverdienende stärker belasten. Wer mehr als 250 000 US-Dollar im Jahr verdient, soll deutlich mehr Steuern zahlen als bisher.

Trumps Pläne sehen eine drastische Steuersenkung für Unternehmen von 35 auf 15 Prozent vor. Das soll die Firmen dazu bringen, keine Arbeitsplätze mehr ins Ausland zu verlagern. Auch eine Reform der Einkommensteuer ist geplant, die sowohl Groß- als auch Geringverdienern Vorteile bringen soll. Experten sagen allerdings, dass davon vor allem die Reichen profitieren werden.

TODESSTRAFE: 

Clinton und Trump wollen an der Todesstrafe festhalten. 

VERHÄLTNIS ZU DEUTSCHLAND:

Hillary Clinton war als Außenministerin sechs Mal in Deutschland. Ihr Verhältnis zur Bundesregierung ist freundlich, war aber nicht immer störungsfrei. Von der Entscheidung der USA zur Intervention in Libyen, die von Clinton maßgeblich beeinflusst wurde, ist die schwarz-gelbe Koalition Anfang 2011 völlig überrascht worden. Angela Merkel oder ihr Nachfolger dürften in Clinton aber eine im Prinzip verständige Gesprächspartnerin finden.

Die Zusammenarbeit mit Trump dürfte dagegen erheblich holpriger werden. Der Milliardär aus New York hat bislang nur erkennen lassen, dass er dem Leitsatz „America first“ folgen will. Angela Merkel hat er für ihre Flüchtlingspolitik harsch kritisiert, sie aber auch als eine großartige Politikerin bezeichnet. Während sich die Kanzlerin mit Urteilen öffentlich zurückgehalten hat, nannte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) Donald Trump einen Hassprediger.

WAFFENRECHT:

Clinton will zwar nicht an dem Verfassungszusatz rütteln, der den Amerikanern das Recht auf Waffenbesitz einräumt. Doch fordert sie strengere Gesetze, die den Zugang zu Waffen zumindest erschweren. 

Trump, der von der einflussreichen Waffenlobby NRA unterstützt wird, hält nichts von gesetzlichen Einschränkungen. Seine These ist: Wenn alle Amerikaner bewaffnet sind, können sie sich besser vor Amokläufern oder Attentätern schützen.

WIRTSCHAFT UND UMWELT:

Clinton setzt auf das Geschäft mit erneuerbaren Energien. Sie glaubt, dass die USA in einigen Jahren neben Deutschland und China zu einem Weltmarktführer auf diesem Gebiet avancieren können. Nach Ansicht Clintons sind die Vereinigten Staaten - wie nahezu alle entwickelten Länder - auf dem Weg von einer Produktionsgesellschaft in eine Dienstleistungsgesellschaft. Diese Entwicklung lasse sich nur begleiten, nicht aber abwenden.

Dagegen will Trump die Globalisierung in gewisser Weise rückgängig machen. Im Bemühen, die ehemaligen und noch aktiven Industriearbeiter in den USA auf seine Seite zu ziehen, verspricht er die Rückkehr von Arbeitsplätzen aus dem Ausland. Auch will er die Kohle-Industrie wieder flott machen und Umweltvorschriften abschaffen, die seiner Ansicht nach eine Erholung der traditionellen Wirtschaft erschweren.