Hillary Clinton präsentiert sich in ihrer Grundsatzrede als Anti-Trump und geht auf ihre innerparteilichen Gegner zu: „Ich habe euch gehört.“
Wenn Amerikas Wählerinnen und Wähler am 8. November entscheiden, wer die Nachfolge von Präsident Barack Obama antreten darf, dann wird das eine Richtungswahl, wie sie das Land seit Jahrzehnten nicht erlebt hat. Sicher war die Wahl 2008 auch wichtig. Denn sie beendete das achtjährige Regnum des Republikaners George W. Bush und brachte den ersten schwarzen Präsidenten ins Weiße Haus. Doch gemessen an dem, was jetzt auf dem Spiel steht, war 2008 nicht so entscheidend. Wäre damals statt des Demokraten Barack Obama der Republikaner John McCain Präsident geworden, hätte das die Welt mutmaßlich verkraftet, weil sich an der außenpolitischen Grundausrichtung nur wenig geändert hätte. Amerika wäre vielleicht weniger friedfertig, aber ein verlässlicher Akteur geblieben. Dafür hätte McCain gesorgt, ein außenpolitischer Falke, aber ein Mann, der zu seinem Wort steht.

Dagegen ist nach den Parteitagen von Republikanern und Demokraten klar: Der Ausgang des Duells zwischen Donald Trump und Hillary Clinton wird auch die Frage beantworten, mit welchem Amerika es die Welt in den kommenden vier Jahren zu tun bekommt. Ist es das Amerika, das sich der Angst hingibt und sich einigelt, wie es Trump vorschlägt? Oder ist es das Amerika, das dem Optimismus Vorrang einräumt, wie es Clinton fordert? Gut 100 Tage vor der Wahl kann es auf diese Frage noch keine befriedigende Antwort geben. Aber es gibt viele Hinweise.

Trumps Amerika wäre ein in sich gekehrtes Land, in dem der Isolationismus und der Nationalismus zur Raison d'Être erhoben würde. Der Populist aus New York scheint bereit, die Folter wieder einzuführen, das internationale Engagement der USA auf ein Minimalmaß zu reduzieren und den verbliebenen Rest auch noch mit seinen Bedingungen zu versehen. Wenn es nicht bloßes Gerede ist, was aber gut möglich ist, dann lassen sich seine Worte nicht anders deuten. Trump will die Nato umbauen und die USA zum Dienstleister des Militärbündnisses machen, der sich seine Dienste für die anderen Mitglieder bezahlen lässt. Das ist nicht nur das Gegenteil von Solidarität, sondern gefährlicher Unfug. Freuen würde das vor allem Russlands Präsidenten Putin.

Doch auch das scheint im Sinne Trumps zu sein. Er hat zuletzt eine merkwürdige Faszination für Staatschefs vom Schlage Putins oder Erdogans erkennen lassen. Er zeigt vor allem kein Interesse, sich Kenntnisse in der Außen- und Sicherheitspolitik anzueignen. Wer allen Ernstes vorschlägt, dass sich Staaten Atomwaffen zulegen sollten, um sich gegen andere Staaten mit Atomwaffen wehren zu können, ist frei von jeglichem Wissen. Statt zu lernen, stigmatisiert Trump lieber ganze Bevölkerungsgruppen und Religionen. Trump will über den Haufen werfen, was über Jahrzehnte aufgebaut wurde, hat aber keine Idee, was an die Stelle der Trümmer treten soll. Er ist wie ein Kind, das eine von einem anderen Kind gebaute Burg in den Boden trampelt, wenn es erkennt, dass es selbst nicht in der Lage ist, aus Sand etwas zu formen.

Grundlegend anders

Clintons Weltsicht ist grundlegend anders. Die Rede in Philadelphia, die mehr als 25 Millionen Amerikaner im Fernsehen verfolgten und die in langen Passagen nur von Trump handelte, macht deutlich, dass sie im Falle eines Wahlsiegs aller Voraussicht nach die Außenpolitik Obamas fortsetzen würde. Schließlich war sie vier Jahre lang seine Außenministerin und hat mit Abstrichen das umgesetzt, was er vorgegeben hat.

Interessant wird es aber in jenen Fällen, in denen Clinton anderer Meinung war als Obama. So war sie die treibende Kraft hinter der Libyen-Intervention. Sie wird auch für das Scheitern verantwortlich gemacht. Sie war es, die frühzeitig Waffenlieferung an die Anti-Assad-Rebellen in Syrien und die Einrichtung einer Flugverbotszone forderte. Das würde mehr militärisches Engagement der USA erfordern, als es Obama zur Verfügung stellen wollte.

Clinton verfolgt im Vergleich zum amtierenden Präsidenten außenpolitisch eine härtere Linie. Eine blindwütige Interventionistin, die sich von sachfremden Argumenten treiben ließe wie einst George W. Bush, ist sie jedoch nicht. Sie glaubt an die Macht der Diplomatie und an den grundsätzlichen Nutzen von Bündnissen. Eine Abkehr von der Nato würde sie den USA nicht zumuten, weil sie weiß, dass in der globalisierten Welt nur Kooperation erfolgversprechend ist, nicht aber sture Verweigerungshaltung. Clinton ist, wenn man so will, wie das Kind, das andere Kinder einlädt, zusammen mit ihm eine Sandburg am Strand zu bauen. Das sagt noch nicht, dass sie die Burg nicht auch zertrampeln würde. Aber verlässlicher und vertrauenswürdiger als Trump ist Clinton allemal.