Es ist wohl der vorläufige Höhepunkt des Trump-Prozesses: Stormy Daniels, die Pornodarstellerin, mit der der frühere US-Präsident Donald Trump eine Affäre gehabt haben soll, trat gestern in den Zeugenstand. Daniels soll von Trump 130.000 Dollar Schweigegeld erhalten haben, die sein damaliger Anwalt Michael Cohen überbracht hatte. Das hält die Staatsanwaltschaft für eine versteckte Wahlkampffinanzierung. Zudem wirft sie Trump vor, die Bücher gefälscht zu haben. Cohen war bereits zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden, die er inzwischen abgesessen hat.

Daniels, die eigentlich Stephanie Clifford heißt, sprach in dem unglamourösen Gerichtsaal in Downtown Manhattan. Sie trug ein schwarzes Kleid, ein schwarzes Hoody, hochgesteckte Haare und eine Brille, die ihre geschminkten Augen verbarg. Trump und sie würdigten einander keines Blicks. Daniels sagte später, sie hasse Trump und wolle, dass er verurteilt würde. Im Saal drängten sich Journalisten; Besucher waren seit fünf Uhr morgens Schlange gestanden.

Daniel sprach fast fünf Stunden lang, nur unterbrochen von der Mittagspause. Sie hatte Trump 2006 auf dem Golfplatz am kalifornischen Lake Tahoe kennengelernt; sein PR-Agent habe sie zu einem Dinner in Trumps Hotel eingeladen. Ihr sei eine Rolle in Trumps TV-Show „The Apprentice“ versprochen worden.

Der Satin-Pyjama

Trump habe sie im Satin-Pyjama auf dem Bett erwartet. Nach kurzem Geplänkel habe Trump sie herausgefordert, ihn mit einem zusammengerollten Magazin auf den Hintern zu schlagen — auf dem Titel war sein Konterfei. Danach sei es zum einvernehmlichen Sex gekommen; ohne Kondom. Hinterher sei sie benommen und durcheinander gewesen und habe sich gefragt, wie das passiert sei.

Getrennte Schlafzimmer

Sie habe ihn auch gefragt, ob er verheiratet sei, so Daniels. Trump hatte gerade seine dritte Ehe mit Melania Knavs geschlossen, die mit seinem Sohn Barron schwanger war. Er habe gesagt, sie solle sich keine Sorgen machen, seine Frau und er hätten getrennte Schlafzimmer. Er habe ihr auch erzählt, Daniels erinnere ihn an seine Tochter Ivanka aus seiner ersten Ehe mit Ivana Zelníčková, ein tschechisches Model.

Ein Jahr später habe sie den künftigen Präsidenten im Trump Tower in New York besucht, wo er lebte, so Daniels. Im gleichen Jahr habe sie das Playboy-Model Karen McDougal in Los Angeles kennengelernt, mit der Trump ebenfalls eine Affäre gehabt haben soll, und zwar bei der Launch-Party von „Trump Vodka“. Danach habe sie öfter mit Trump telefoniert, der sie nie gebeten habe, die Affäre geheimzuhalten.

Trump hielt Augen geschlossen

Trump hielt während ihrer Aussage zumeist seine Augen geschlossen und schüttelte ab und zu den Kopf. Er streitet die Affäre ab. Das Schweigegeld habe er nur gezahlt, um seine Familie zu schützen, hatte er erklärt. Die Affäre wurde durch einen Bericht im Wall Street Journal bekannt, danach engagierte Daniels einen Anwalt, um die Schweigevereinbarung aufzuheben. Der habe ein Drittel des Schweigegelds erhalten.

Zu viele heikle Details

Der Vorsitzende Richter Juan Merchan bat Daniels, weniger ins Detail zu gehen. Zuvor waren Beschreibungen von Trumps Organen durchs Netz gewandert, wobei Begriffe wie „pilzförmig“ fielen. Merchan drohte auch Trump mit Gefängnis, falls der nicht aufhöre, über das Gericht und die Jury zu reden. Dessen Anwälte beantragten ihrerseits, das Verfahren abzubrechen. Merchan gab dem nicht statt.

Trumps Anwältin Susan Necheles nahm Daniels ins Kreuzverhör und beschuldigte sie, aus der Affäre Geld schlagen zu wollen. Die Anwältin versuchte außerdem, den Pornostar mit dem Verweis auf Widersprüche als unglaubwürdig darzustellen. Daniels Zeugenvernehmung wird am Donnerstag fortgesetzt.

Daniels stammt aus einer armen Familie in Baton Rouge, Louisiana. Die dreimal geschiedene Mutter einer Tochter ist mit dem Pornostar Barrett Blade verheiratet, das Paar lebt heute in Florida. Sie trat in Softpornos und Musikvideos auf, aber auch in Nebenrollen von Hollywood-Produktionen sowie als Stripperin und „exotische Tänzerin“. Die Demokratin wechselte 2010 zu den Republikanern und versuchte — erfolglos — für den Senat in ihrem Heimatstaat zu kandidieren.

Bedroht

Daniels hatte bereits 2018 in der CBS-Sendung 60 Minutes behauptet, ein Mann habe sie in Gegenwart ihres Babies bedroht, den Mund über ihre Affäre zu halten. Trump nannte sie daraufhin eine Betrügerin. Sie verklagte ihn und verlor, weigerte sich aber, die Strafe zu zahlen. Später wurde sie von mehreren Trump-freundlichen Polizisten in Columbus Ohio wegen des Vorwurfs der Prostitution verhaftet. Ihr Anwalt klagte Daniels nicht nur frei, sie erstritt auch eine Entschädigung.

Zeuge: „Habe Frauen zum Schweigen gebracht“

Vergangene Woche war David Pecker im Zeugenstand gewesen, der frühere Verleger des Revolverblatts National Enquirer. Pecker (der Name ist amerikanischer Slang für Penis) sagte, er habe im Auftrag von Trump Frauen zum Schweigen gebracht, die dessen Ruf hätten ruinieren können. Darunter war auch Karen McDougal, der Pecker 150.000 Dollar „Informantenhonorar“ gezahlt hatte. Auch hier habe Cohen vermittelt, aber auch Allen Weisselberg, der frühere Finanzchef der Trump Organization, der derzeit im New Yorker Gefängnis Riker‘s Island einsitzt.

Trump habe versprochen, ihm das Geld für das McDougal-Honorar zu erstatten, sagte Pecker, das sei aber nie passiert. Deshalb, so der Verleger, habe er für das Daniels-Schweigegeld nicht in Vorleistung gehen wollen. „Ich bin doch keine Bank“, erklärte er. Außerdem war Pecker klar, dass eine Zahlung nach Beginn des Wahlkampfes problematisch sei. Pecker sagte auch, Trump habe sich nicht um seine Familie gesorgt, sondern nur um mögliche Auswirkungen auf seinen Wahlkampf.

Pecker sagte aus, er habe ähnliche Deals — unfreundliche Geschichten vom Markt wegzukaufen — mit andere Berühmtheiten vereinbart, etwa Arnold Schwarzenegger. Das Gericht hatte Pecker bereits vor der Verhandlung Immunität zugesagt.