In der Abflughalle, Gate G 03, machte der „worst case“, der schlimmste Fall, die Runde. Es sei nicht auszuschließen, so Kanzler Sebastian Kurzin Jeans und weißem Hemd, dass Amerika just am Tag seines Besuches beiDonald Trump die Strafzölle gegen europäische Autos bekannt gibt. Was dann? „Bitte nicht.“ Das Gedankenspiel offenbarte die Brisanz der Reise. Die tiefe Entfremdung zwischen Amerika und Europa warf schon bei der Abreise Schatten.

Der Kanzler, Österreichs fleißigster Meilensammler, hat sich bei seiner jüngsten Asien-Reise Ezzes für die heutige Begegnung mit dem US-Präsidenten geben lassen. So legte der japanische Premier dem jungen Kollegen aus Wien aus eigener Erfahrung ans Herz, im Oval Office nur ja nicht mit Lobpreisungen zu geizen, der mächtigste Mann der Welt giere danach. „Sagen Sie Trump, wie toll er seine Wahlversprechen umsetzt, und seine Augen werden leuchten. Und zeigen Sie Verständnis für seine Opferrolle, wie schlimm es sein müsse, wenn einen die ganze Welt für einen Bösen hält.“ Das sei schon die halbe Miete.

Aus dem türkis-blauen Kabinett ist niemand mit an Bord. Nur Harald Mahrer, Chef der Wirtschaftskammer, darf überraschend mit. Der Kurz-Vertraute soll den amerikanischen Gastgebern die Rolle Österreichs als zugewandter Handelspartner vor Augen führen. 700 heimische Firmen haben sich in Amerika niedergelassen und über die Jahre 40.000 Jobs geschaffen. Allein die Voest, größter Investor, unterhält 49 Standorte in Amerika. Die Gäste aus dem kleinen Land, das die Gastgeber geografisch kaum verorten können, wollen damit die Absurdität des Handelskrieges deutlich machen. Freilich: Nicht alles soll ans Licht. Dass Österreich in der Warenhandelsbilanz mit den USA neuerdings einen Überschuss von 3,8 Milliarden Euro erzielt, will die rot-weiß-rote Delegation nicht großmundig an die große Glocke hängen: „Das weckt nur die protektionistischen Hunde“, so ein Diplomat.

Kurz vor acht Uhr abends (MEZ) wird heute der österreichische Kanzler an der Auffahrt des Weisen Hauses vom amerikanischen Präsidenten bei angekündigtem Schneetreiben abgeholt werden. Das Vier Augen-Gespräch im berühmtesten Büro der Welt, dem Oval Office, soll 15 Minuten dauern, dann stoßen die inneren Zirkel beider Seiten dazu. Nach einer Stunde ist Schluss. Was bleiben wird, ist die Wirkung die Bilder. Zwei Fernsehteams sind zugelassen, auserkoren wurden der ORF und der hauseigene Rundfunk, das Videoteam des Bundeskanzleramtes. So unbedeutend das Land des Gastes sein mag, die Botschaft, die Donald Trump aus dem Treffen destilliert, ist es nicht. Ben Rhodes, ehemaliger Berater von Barack Obama: „Mit den Großen in Europa hat Trump seine liebe Not. Mit dem Gast aus Wien kann der Präsident zeigen, dass er dort noch Freunde hat.“ Die Bilder nützen beiden.

Treffen mit Schwarzenegger und Waltz?

Nicht nur ziemlich beste Freunde könnten beim abendlichen Cocktail-Empfang in der österreichischen Botschaft zusammentreffen. So finden sich auf der Einladungsliste neben dem amerikanischen Handelsminister auch die beiden berühmtesten US-Österreicher: Arnold Schwarzenegger und Christoph Waltz. Der eine liegt mit dem US-Präsidenten im Dauerclinch, der andere mit der türkis-blauen Regierung in Wien. „Vieles von der gegenwärtigen Stimmung hat schon vorher existiert, nur hat es jetzt einen Ausdruck“, sagte der Oscar-Preisträger dieser Tage in einem Interview. Ob Waltz der Einladung Folge leistet, blieb bis zuletzt ungewiss.