Bereits zum zweiten Mal in seiner eineinhalbjährigen Amtszeit muss sich der tschechische Regierungschef Andrej Babis am Mittwoch einem Misstrauensvotum im Parlament stellen. Aber trotz Massenprotesten, strafrechtlichen Ermittlungen und Rücktrittsforderungen kann der Milliardär der Abstimmung auch diesmal gelassen entgegen sehen. Weder die mitregierenden Sozialdemokraten (CSSD) noch die Kommunisten, die das Minderheitskabinett tolerieren, wollen Babis stürzen.

Der 64-jährige Wirtschaftsingenieur und Besitzer der Agrar- und Nahrungsmittelholding Agrofert, dem Kritiker Populismus vorwerfen, ist seit seinem Einstieg in die Politik mit Vorwürfen illegaler Machenschaften konfrontiert. In die Politik ging der Unternehmer vor acht Jahren laut eigenen Worten "aus Zwang". Er könne nicht mehr mitansehen, von wem und wie Tschechien gesteuert werde, sagte er in Anspielung auf die zahlreichen Korruptions- und Politskandale der tschechischen Regierungen nach der Wende 1989.

2011 gründete er seine populistischen Protestbewegung ANO, mit der bei der Parlamentswahl 2013 fulminant ins Parlament und gleich auch in die Regierung einzog. Nach drei Jahren als Finanzminister wurde er 2017 wegen Steuerbetrugsvorwürfen aus der Regierung entlassen. Wenige Monate später feierte Babis den nächsten Wahltriumph und wurde Regierungschef.

Vor allem die Affäre um sein Wellness-Ressort "Storchennest", das er mit Hilfe eines EU-Subventionsbetruges mitfinanziert haben soll, belastet Babis seit Jahren. Deshalb droht dem Regierungschef in Tschechien eine Anklage. In den vergangenen Wochen verhärteten sich außerdem die Vorwürfe des Interessenskonflikts. Als Unternehmer soll Babis unrechtmäßig von EU-Subventionen profitiert haben. Laut internen Berichten der EU-Kommission, deren Auszüge in tschechischen Medien publiziert wurden, könnte Brüssel von Babis Fördergelder in zweistelliger Millionenhöhe zurückfordern.

Weiteres Öl ins Feuer goss Babis mit der Einsetzung der neuen Justizministerin Marie Benesova nach dem plötzlichen Rücktritt von Jan Knezinek. Der Personalwechsel erfolgte kurz nachdem die Polizei eine Anklage gegen Babis wegen der "Storchennest"-Affäre empfohlen hatte, worüber nun die Staatsanwaltschaft entscheiden muss. Die Ernennung der parteilosen Vertrauten von Staatspräsident Milos Zeman weckte Befürchtungen, dass Benesova einen neuen obersten Staatsanwalt installieren könnte, der keine Anklage gegen Babis erheben würde.

Der Wechsel an der Spitze des Justizministeriums Ende April war der Auslöser für Massendemonstrationen, die seit Wochen in mehreren tschechischen Städten Wochen stattfinden. Weitere Großdemonstrationen sind für Herbst angekündigt, wenn Tschechien den 30. Jahrestag der "Samtenen Revolution" begeht.

Trotz des steigenden Drucks bleibt Babis gelassen. Der slowakischstämmige Unternehmer gehört nicht zu jenen, die leicht kapitulieren. Die Vorwürfe des Interessenskonflikts weist er vehement zurück, genauso wie alle früheren Anschuldigungen. Von "politisch motivierten Lügen, die mich aus der Politik vertreiben sollen", spricht er und weiß, dass er sich weiterhin auf seinen einflussreichen Verbündeten auf der Prager Burg verlassen kann - auf Präsident Milos Zeman. Dieser sagte angesichts der größten Demonstration seit dem Ende des Kommunismus vor 30 Jahren am vergangenen Sonntag: Regierungen würden in freien Wahlen und nicht bei Demonstrationen auf der Straße bestimmt.

Auch Vorwürfe, er habe einst mit der kommunistischen Geheimpolizei zusammengearbeitet, konnten seinem strahlenden Image bisher kaum etwas anhaben. Konkret geht es um die Zeit, als Babis als Delegierter eines tschechoslowakischen Außenhandelsunternehmens in Marokko tätig war. Auch diese Kritik weist Babis, der vor 1989 KP-Mitglied war, als "erfunden" zurück.

Mit Stolz brüstet sich Babis damit, sein Unternehmen Agrofert aus dem Nichts, ohne Betrug und ohne die sogenannte Kupon-Privatisierung, also die umstrittene Privatisierungsmethode Anfang der 1990er Jahre, aufgebaut zu haben. Zu Babis' Imperium gehören rund 250 Unternehmen, darunter auch wichtige Medien wie die Tageszeitungen "Mlada fronta Dnes" und "Lidove noviny" sowie der Rundfunksender "Impuls", der die höchste Hörerquote hat. Als seinen Verdienst führt er außerdem immer wieder an, dass er über 34.000 Arbeitnehmer beschäftigt und zu den größten Steuerzahlern im Land zählt. Und sein Credo lautet: "Den Staat wie eine Firma führen".

"Wenn ich sterbe, wird von mir zumindest etwas bleiben. Aber von unseren Politikern bleibt nur leeres Gequatsche", spottet Babis mit Vorliebe. Er ist zum zweiten Mal verheiratet. Aus erster Ehe hat er zwei Kinder, weitere zwei Kinder hat er mit seiner langjährigen Lebensgefährtin Monika, die er im Sommer 2017 heiratete - im "Storchennest".