Nach dem Abschuss eines russischen Militärflugzeugs vor der Küste Syriens will Kreml-Chef Wladimir Putin offenbar eine schwere Krise im Verhältnis zu Israel vermeiden: Putin sprach am Dienstag von einer "Verkettung unglücklicher Umstände", nachdem das russische Verteidigungsministerium zunächst Israel für den Abschuss mit 15 Todesopfern verantwortlich gemacht hatte.

Die syrische Armee hatte die russische Maschine am Montag nach einem israelischen Luftangriff versehentlich abgeschossen.

"Israel hat unser Flugzeug nicht abgeschossen", hob Putin in Moskau hervor. "Das sieht eher wie eine Verkettung unglücklicher Umstände aus." Der Vorfall müsse nun "ernsthaft" geprüft und die Sicherheitsvorkehrungen für russische Soldaten in Syrien müssten verstärkt werden. "Dies werden Schritte sein, die alle bemerken werden", fügte der russische Präsident hinzu, ohne Details zu nennen.

Schwerster Fall von Friendly fire

Der Abschuss der russischen Iljuschin-Maschine am Montagabend war der schwerste Fall von "friendly fire", also eines versehentlichen Angriffs auf einen Verbündeten, seit Beginn der russischen Militärintervention in Syrien vor drei Jahren. Alle 15 russischen Soldaten an Bord des Flugzeugs wurden getötet.

Eine S-200-Rakete der syrischen Luftabwehr aus russischer Produktion hatte die Maschine getroffen, als diese gerade im Landeanflug auf die ostsyrische Provinz Latakia war. Die von Syrien abgefeuerte Rakete hatte sich eigentlich gegen israelische Kampfflugzeuge gerichtet, die einen Angriff über Syrien flogen.

In seiner Stellungnahme gab Putin allerdings auch an, er habe die Erklärung des russischen Verteidigungsministeriums zu dem Vorfall abgesegnet. Darin wurde Israel ein "feindseliger Akt" vorgehalten.

Ein Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums warf Israel vor, "das russische Flugzeug als Deckung genutzt und es so dem Beschuss der syrischen Luftabwehr ausgesetzt zu haben". Das Ministerium kritisierte zudem, Israel habe den geplanten Angriff in Syrien nur eine Minute vorab nach Moskau gemeldet, so dass das russische Flugzeug nicht in sicheres Gebiet habe ausweichen können.

Verteidigungsminister Sergej Schoigu protestierte in einem Telefonat mit seinem israelischen Kollegen Avigdor Lieberman gegen den Vorfall und wies Israel die "volle Verantwortung" zu. Wegen der derzeitigen Abwesenheit des israelischen Botschafters in Moskau bestellte das russische Außenministerium dessen Stellvertreterin ein, das Gespräch dauerte eine halbe Stunde.

Die israelische Armee äußerte "Bedauern" über den Tod der russischen Flugzeugbesatzung, wies die Verantwortung aber der Regierung von Syriens Machthaber Bashar al-Assad sowie dessen Verbündetem Iran zu. Diese beiden Akteure sowie die mit ihnen verbündete libanesische Hisbollah-Miliz seien "vollständig verantwortlich". Die israelischen Luftangriffe hatten sich demnach gegen eine iranische Waffenlieferung an die Hisbollah gerichtet.

Außerdem wies Israels Armee den Vorwurf zurück, ihre Luftwaffe habe die Iljuschin vorsätzlich als Deckung missbraucht. Während des israelischen Raketenangriffs sei die russische Maschine "nicht im Einsatzgebiet" gewesen, und als die syrische Armee die Il-20 abgeschossen habe, seien die israelischen Kampfjets bereits wieder im israelischen Luftraum gewesen.