Der italienische Präsident Sergio Mattarella hat den Wirtschaftsexperten Carlo Cottarelli mit der Regierungsbildung beauftragt. Der 64-jährige Cottarelli prüft nach Wegen, eine Übergangsregierung aufzubauen, teilte Mattarellas Sprecher Ugo Zampetti mit.

Die Fünf Sterne Bewegung rief indes zu einer Protestdemo gegen Mattarella auf, mehr dazu lesen Sie hier.

Der angesehene Wirtschaftsexperte Cottarelli ist die letzte Hoffnung von Italiens Präsident Mattarella, endlich einen Ausweg aus der politischen Sackgasse zu finden, in der sich das Land seit den Parlamentswahlen am 4. März befindet. Die Italiener kennen ihn mit dem Spitznamen "Mister Spending Review", weil er für einen strengen Sparkurs steht. Der Rechtsprofessor Giuseppe Conte war zuvor mit einer Regierungsbildung gescheitert.

Cottarelli soll sich dem Parlament mit einem Programm vorstellen, das Italien zu Neuwahlen führe, die mit den EU-Parlamentswahlen 2019 zusammenfallen sollen. Der Ökonom erklärte, eine Regierung unter seiner Führung werde vollkommen neutral sein. Er habe keine Absicht, bei Neuwahlen zu kandidieren, versicherte der 64-Jährige. Prioritäre Aufgabe eines Kabinetts unter seiner Führung sei die Verabschiedung des Budgets für 2019 heuer im Herbst.

Sollte Cottarelli im Parlament nicht das Vertrauen erhalten, käme es bereits heuer im Herbst zu Neuwahlen.

Cottarelli, früher Mitarbeiter des Internationalen Währungsfonds (IWF) und 2013 Sparkommissar der Regierung unter Enrico Letta, soll das Ruder einer Übergangsregierung mit begrenzten Aufgaben übernehmen, unter anderem die Verabschiedung des Etats 2019 und eines neuen Wahlgesetzes.

Zugleich gerät Präsident Mattarella selbst in Bedrängnis. Sterne und Lega toben, drohen ihm mit Amtsenthebung und pochen auf eine schnelle Neuwahl. Der Präsident hatte den euro-kritischen Wunschkandidaten der Populisten für ein Ministeramt abgelehnt.

Unter Berufung auf Artikel 90 der italienischen Verfassung werde er Mattarellas Absetzung verlangen, sagte Parteichef Luigi Di Maio am Sonntagabend in einem Fernsehinterview. Ein Verfahren gegen den Präsidenten ist laut Artikel 90 bei "Hochverrat oder Anschlag auf die Verfassung" vorgesehen. Zu einem ähnlichen Verfahren war es in der Geschichte der 1946 gegründeten italienischen Republik bisher noch nie gekommen.

Lahmlegen

Neuwahlen wären jedoch frühestens im Oktober möglich. Ein Amtsenthebungsverfahren wäre eine langer und aufwendiger Prozess, der das angeschlagene Land vollends lahmlegen könnte.

Lega-Chef Matteo Salvini forderte die sofortige Festlegung eines Datums für Neuwahlen. "Entweder wird morgen (Montag) der Termin für Neuwahlen festgelegt, oder wir protestieren in Rom", drohte Salvini auf Facebook. Salvini rechnet mit Stimmenzuwachs für seine Partei sollte es zu Neuwahlen kommen. Bei den Parlamentswahlen am 4. März hatte die Rechtspartei 17 Prozent der Stimmen bekommen.

Zugleich drohte Salvini dem Bündnispartner Forza Italia mit einem Bruch der Allianz. Sollte die Partei um Ex-Premier Silvio Berlusconi eine Expertenregierung um Cottarelli unterstützen, wäre das Ende der Allianz unvermeidbar, sagte der Lega-Chef. "Wenn die Forza Italia Cottarelli das Vertrauen ausspricht, oder sich der Stimme enthält, ist die Allianz zu Ende", sagte Salvini im Interview mit Radio Capital am Montag. Cottarelli sei ein "Emblem der Finanzlobbys". 

An den Finanzmärkten wurde die gescheiterte Regierungsbildung der beiden eurokritischen Parteien aber erst einmal positiv aufgenommen. Der zuletzt stark unter Druck stehende Kurs der europäischen Gemeinschaftswährung legte zu.