In den USA fällt am Dienstag die Entscheidung, ob das mächtigste Land der Welt weiterhin vom umstrittenen Rechtspopulisten Donald Trump (74) regiert wird. Bei der Präsidentenwahl wird der republikanische Amtsinhaber vom Demokraten Joe Biden herausgefordert. In den Umfragen liegt der 77-jährige "Anti-Trump" klar vorne, doch ist es wegen der hohen Anzahl von Briefwahlstimmen unklar, ob der Sieger bereits in der Wahlnacht feststehen wird.

Wenn an der US-Ostküste um 06.00 Uhr Ortszeit (12.00 Uhr MEZ) die ersten Wahllokale öffnen, wird die Mehrheit der Wähler ihre Stimme bereits abgegeben haben. Experten meldeten in der Nacht auf Dienstag einen Rekord bei der Zahl der Im-Voraus-Wähler. Das Early Elections Project der Universität von Florida verzeichnete 98,4 Millionen abgegebene Stimmen, sei es per Post oder in bereits geöffneten Wahllokalen. Das entspricht etwa 40 Prozent aller wahlberechtigten US-Bürger und 71,4 Prozent der gesamten Wahlbeteiligung vor vier Jahren.

"Gewalt in den Straßen"

Trump ist gegen das Instrument der Briefwahl und hat offen gelassen, ob er das Wahlergebnis anerkennen wird. Nach einer Entscheidung des Obersten Gerichts zu den Briefwahlfristen im US-Staat Pennsylvania warnte er vor "Gewalt in den Straßen". Die "sehr gefährliche" Entscheidung des Gerichts, die Auszählung bestimmter Briefwahlunterlagen noch Tage nach der Wahl zu erlauben, werde zu "ungezügeltem und unkontrolliertem Betrug" führen, behauptete Trump auf Twitter. "Es wird zu Gewalt in den Straßen führen. Es muss etwas getan werden", schrieb er weiter. Twitter versteckte die Nachricht umgehend hinter einem Warnhinweis und schränkte die Möglichkeit der Weiterverbreitung des Tweets ein.

Keine friedliche Übergabe garantiert

Trump hat sich zudem geweigert, eine friedliche Machtübergabe zu garantieren. Auseinandersetzungen vor Gerichten drohen, manche Beobachter befürchten sogar eine Verfassungskrise von historischem Ausmaß.

Joe Biden rief die Amerikaner in den letzten Zügen des Wahlkampfs zur Einheit auf. "Wir können das Beste aus uns herausholen, wenn wir die Vereinigten Staaten von Amerika sind", sagte Biden in Pittsburgh im umkämpften Staat Pennsylvania bei einem seiner letzten Auftritte im Wahlkampf. Die USA befänden sich in einem "unglaublichen Moment" in der Geschichte, sagte Biden. Auf der einen Seite stehe die Identität des Landes vor der größten Bedrohung, auf der anderen Seite sei die Zukunft noch nie so vielversprechend wie heute gewesen. Der Demokrat zeigte sich optimistisch. "Ich habe das Gefühl, dass wir uns für einen großen Sieg morgen einfahren", so Biden.

Indirekte Wahl

Die Präsidentenwahl findet indirekt statt. Für den Sieg sind mindestens 270 Wahlmännerstimmen erforderlich, die auf Basis der Ergebnisse in den 50 Staaten und dem Hauptstadtdistrikt Washington D.C. vergeben werden. Der stärkste Kandidat bekommt dabei alle Stimmen des jeweiligen Staates. Gewählt werden auch alle 435 Abgeordneten im Repräsentantenhaus sowie 35 der 100 Senatoren. Die Demokraten hoffen, die republikanische Mehrheit im Senat zu brechen und damit das gesamte Parlament unter ihre Kontrolle zu bringen.