Die einen gehen in der Pension auf Reisen, klappern Golfplätze ab, andere entdecken das Garteln, schreiben ihre Autobiographie. Christoph Leitl widmet sich seiner alten Passion, Europa.

Gemeinsam mit vier Freunden hat der ehemalige Präsident der Wirtschaftskammer eine Stiftung gegründet, um das Europaforum in Neumarkt wieder in Schuss zu bringen– mit Erfolg: Rund 1000 Jugendliche aus ganz Europa haben sich bereits in der obersteirischen Begegnungsstätte eingefunden, um über Europa zu streiten.

Demnächst haben sich Jugendliche aus Russland und der Ukraine angesagt. Übrigens: Um die Ecke hat Ursula von der Leyen ihr Feriendomizil, ihr Vater Ernst Albrecht war Dauergast in Neumarkt.
Leitl ist zuversichtlich, dass das EU-Parlament die Wahlsteirerin am Dienstag zur Kommissionspräsidentin wählt. „Das Parlament wird die EU nicht in eine institutionelle Krise stürzen.“

Für das Murren der Abgeordneten bringt Leitl wenig Verständnis auf. „Statt abzuwarten, was die Regierungschefs tun, hätten sie sich auf einen eigenen Kandidaten verständigen können.“

Von der nächsten Bundesregierung erhofft sich Leitl ein aktiveres Auftreten in Europa als bisher. „Sich zu beklagen, dass sich Deutsche und Franzosen zusammenschließen bzw. die Visegrád-Länder eine Allianz bilden, ist müßig. Österreich sollte sich auf die Hinterbeine stellen und eine eigene Allianz mit Gleichgesinnten schmieden.“ Koalitionspräferenzen will der einst ranghohe ÖVP-Politiker nicht abgeben.

Sollte die FPÖ der nächsten Regierung angehören, müsse sie ihre zwiespältige Haltung zu Europa beenden: „Die blauen Minister haben sich konstruktiv in der EU eingebracht, nur Herr Vilimsky hat sein eigenes Spiel in Straßburg gespielt und Europa hintertrieben.“
Eine Neuauflage des blauen Doppelspiels kann sich Leitl nicht mehr vorstellen. „Wer auch immer künftig in der FPÖ das Sagen hat, muss Vilimskys Spielereien abstellen.“