Ein besonderer Akzent wird auf den 28. Juni gelegt. An diesem Tag findet ein Konzert der Wiener Philharmoniker zusammen mit dem Chororchester des Nationaltheaters im Sarajevoer Rathaus statt. Der Besuch des österreichischen Präsidenten Heinz Fischer steht schon fest. Auch die Präsidenten von Montenegro und Mazedonien werden an diesem Tag erwartet. Vom 21. Juni bis zum 5. Juli wird Sarajevo zum Brennpunkt der weltweiten Medienöffentlichkeit. Botschaften des Friedens und der Versöhnung sollen gesendet werden.

Am Gebäude des Museums von Sarajevo 1878-1918, in der Nähe der Lateinerbrücke und an der Stelle, wo die Schüsse von Sarajevo am 28. Juni 1914 fielen, ist seit zwei Wochen ein großer Banner mit den Porträts von Gavrilo Princip und Thronfolger Franz Ferdinand aufgestellt. Zwischen Princip und Ferdinand steht geschrieben: "The Street Corner that started the 20th Century." "Wir zeigen Gesichter beider Akteure, mit denen alles angefangen hat", sagt in einem Interview Museumsdirektorin Amra Mad?arevic.

Die kulturwissenschaftliche Konferenz "The Long Shots of Sarajevo" wird von der EU und der Republik Österreich unterstützt. Eröffnet wird sie morgen, Dienstag, und soll vier Tage lang dauern. Organisiert wird sie von Vahidin Preljevic, Germanist und Kulturwissenschaftler an der Universität in Sarajevo, und Clemens Ruthner, einem österreichischen Germanistikprofessor am Trinity College der Universität in Dublin, in Zusammenarbeit mit der akademischen "Organisation World University Service" aus Graz.

Erwartet werden 100 Teilnehmer aus 20 Ländern. Wie Ruthner im Gespräch mit der Kleinen Zeitung sagt, sind an der Konferenz viele wissenschaftliche Disziplinen vertreten, die sich auf Ereignisse und Erinnerung des Attentats fokussieren. "Wir haben uns auf die Schüsse konzentriert", sagt Ruthner, "weil es weltweit viele Konferenzen zum Kriegsausbruch gibt. Ein neues Narrativ des Ereignisses wollen wir nicht vorlegen, sondern die bestehenden Darstellungen kritisch analysieren."

"Albtraum der Vernunft"

Mit dem Vortrag "1914 und der Albtraum der Vernunft" wird die Tagung vom deutschen Bestsellerautor Philipp Blom eröffnet. Vahidin Preljevic zur KleinenZeitung: "Unsere Konferenz wird unter anderem versuchen, den ideologischen Hintergrund und die Manipulation des Attentats im kulturellen Gedächtnis verschiedener Nationen zu beleuchten."

Im Mittelpunkt des deutschen Engagements steht der Austausch zwischen Jugendlichen. Mit dem Projekt "Latin Bridge" werden 550 Schüler nach Deutschland und in andere EU-Länder reisen und dort in Gastfamilien wohnen. Jens Wagner, Kulturattaché der Deutschen Botschaft: "Wir wollen mit diesem Projekt die Jugendlichen international vernetzen. Wir wollen die Jugend an Europa heranführen. Im Gegensatz zu ihren Eltern hat die bosnische Jugend überhaupt keinen Kontakt außerhalb Bosniens. Das wollen wir ändern."

Obwohl Sarajevo in diesem Jahr nicht wie geplant Europas Kulturhauptstadt geworden ist, wird es in dieser Woche dennoch der zentrale Ort europäischer Erinnerung sein.