Große Macht heißt immer auch: große Versuchungen zum Machtmissbrauch, und vor allem viele. Oder zumindest zur Ausnutzung günstiger Gelegenheiten, die nicht jedem und jeder anderen zur Verfügung stehen.

Exakt in diese Schublade passen die Vorwürfe die seit Wochen die Wiener SPÖ in ein schiefes Licht rücken, und davor schon die ÖVP in Niederösterreich. Beide an der Macht seit 1945. Im einen Fall geht es um günstige Grundstückskäufe in Kleingartensiedlungen durch SPÖ-Funktionäre mitunter samt Umwidmungsgewinnen, im anderen um auffällige Entwicklungsprojekte des Grafenwörthers Bürgermeisters Alfred Riedl.

Am Montag widmete sich eine Sondersitzung des Wiener Gemeinderats den Grundstücksgeschäften zugunsten von SPÖ-Funktionären, darunter der Bezirkschef der Donaustadt, Ernst Nevrivy, die in den vergangenen Wochen öffentlich wurden. Zuletzt geriet Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger ins Visier. Alle Beteiligten betonen, dass sie sich nichts zuschulden hätten kommen lassen.

Verdacht der Begünstigung in eigener Sache

Das sieht Opposition anders. „Die Stadt gehört allen und nicht nur dem SPÖ-Freundeskreis“, erklärte Grünen-Klubchef David Ellensohn zu Beginn der Sitzung. Für ÖVP-Obmann Karl Mahrer steht der Verdacht der Begünstigung in eigener Sache im Raum. Die interne Revision sei mit einer Prüfung der Vorgänge befasst.

FPÖ-Chef Dominik Nepp wiederum zeigte sich erstaunt darüber, dass viele nun überrascht seien: Es sei gang und gäbe in Wien, dass man, wenn man die richtigen Leute kenne bei der SPÖ, vieles bekomme. Allerdings gebe es dieses Muster auch in Döbling, nur eben zugunsten schwarzer Kollegen. In dem Wiener Nobelbezirk hat die ÖVP das Sagen.

Sogar Neos, in Wien Regierungspartner der SPÖ, nannten die Causa „ärgerlich und ernüchternd“, so Jörg Konrad. Menschen, die in der Politik tätig seien, hätten Vorbildwirkung. Dabei stelle sich immer auch die Frage, ob ein Vorgehen moralisch in Ordnung sein - auch wenn es vielleicht rechtlich gedeckt war.

Darauf verwies denn auch SPÖ-Abgeordneter Omar Al-Rawi, indem er betonte, dass sich Widmungsverfahren strikt nach den Zielsetzungen der Stadt und der Stadtentwicklung richten würden.

Die Causa ist neben dem fatalen öffentlichen Eindruck aber auch heikel für das angespannte Binnenklima in der SPÖ. Bundesparteichef Andreas Babler hatte Ende September volle Aufklärung und Konsequenzen gefordert, während Wiens Bürgermeister Michael Ludwig versucht, das Thema mit dem Verweis auszusitzen, dass rechtlich nichts Unzulässiges zu finden sei.

Darauf wird auch bei der VP Niederösterreich in der Causa Riedl verwiesen, der zwar Bürgermeister bleiben will, den Chefhut im Gemeindebund aber abgibt.