Im Vorfeld der Wiener Regenbogenparade wurden drei mutmaßliche Islamisten festgenommen, die einen Anschlag auf die Teilnehmer geplant haben sollen. Streckt hinter dieser Mitteilung politische Inszenierung oder hat Österreich nun wieder einen funktionierenden Nachrichtendienst?
THOMAS RIEGLER: Natürlich hat man so die eigene Handlungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Aber eine mutwillige Inszenierung sehe ich nicht. So wichtig es war, dass die Pläne durchkreuzt wurden, so muss man gleichzeitig anmerken: Es ist offenbar keine konkrete Gefahr davon ausgegangen.

Geheimdienstexperte Thomas Riegler
Geheimdienstexperte Thomas Riegler © KK

Aber ist der Inlandsgeheimdienst nun so weit, dass man sich berechtigt ein Stück sicher fühlen kann?
RIEGLER: In Österreich war Staatsschutz lange Zeit reine Polizeiaufgabe. Nun tut sich aber die Polizei aber schwer damit, präventiv tätig zu sein – sprich Anschlagspläne zu durchkreuzen, bevor etwas passiert. Das ist die Sphäre von Geheim- und Nachrichtendiensten. Erst seit 2021 gibt es DSN und damit auch zum ersten Mal so etwas wie einen Inlandsnachrichtendienst in Österreich. Und dieser hat auch mittlerweile eine Reihe von Ermittlungserfolgen vorzuweisen. Ob sich die neue Behörde bewährt, wird aber erst in einigen Jahren wirklich klar sein.

Viele fragen sich: Warum wurde so spät zugegriffen? Hätte das nicht auch gefährlich werden können?
RIEGLER: Wenn man hört, dass die drei Männer "unter der Kontrolle der DSN" gestanden sind, bedeutet das wohl, dass sie lückenlos observiert wurden. Dass man dann zuwartet, ist typisch für nachrichtendienstliche Ermittlungen, wo es immer auch darum geht, Strukturen und Verbindungen aufzuklären. Natürlich ist es eine Gratwanderung, den besten Zeitpunkt für den Zugriff nicht zu versäumen.

Die drei Männer, die den Anschlag geplant haben sollen, sind relativ jung. Findet Radikalisierung nun früher statt? 
RIEGLER: Da ist ein Trend zu beobachten. Auch der Wiener Attentäter war gerade einmal 20 Jahre alt und hatte sich früh radikalisiert. Da spielen soziale Medien eine wichtige Rolle. Und der aktuelle Fall hat wieder einmal gezeigt: Es gibt hierzulande radikal-islamistische Milieus, von denen Terrorgefahr ausgeht.