Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) lädt am Mittwoch kommender Woche zu einem Autogipfel ins Bundeskanzleramt. Dort sollen mit Experten und Wissenschaftlern die Zukunftspotenziale von synthetischen Kraftstoffen – sogenannten E-Fuels – diskutiert werden, berichtete Nehammer am Freitag bei einem Hintergrundgespräch in Wien. Nehammer sprach sich zuletzt angesichts der 80.000 Beschäftigten im Automobilbereich gegen ein endgültiges Aus für Verbrennungsmotoren aus.

Von Experten, Umweltschützern und vom grünen Koalitionspartner gab es dafür Kritik. Nehammer bleibt indes bei seinem Engagement für E-Fuels. Der "grüne Verbrenner" sei eine gute Möglichkeit, den Autostandort Österreich langfristig abzusichern, und trage dem Klimaschutz Rechnung. Auch strategisch würden die Forschung und Arbeit an E-Fuels Sinn machen, da man bei der Elektromobilität in hohem Maße von Asien beziehungsweise China abhängig sei. Es brauche Technologieoffenheit, E-Fuels und Elektromobilität. "Das eine schließt das andere nicht aus", sagte der Bundeskanzler.

Nehammer zeigte sich zuversichtlich, dass synthetische Kraftstoffe – derzeit bemängeln Experten geringe Effizienz und hohen Energieaufwand bei der Produktion von E-Fuels – in fünf Jahren anders bewertet würden, "auch in der Frage der Effizienz". Konfliktpotenzial mit den Grünen befürchtet der Kanzler wegen des Autogipfels nicht. "Ich sehe keine Provokation beim Koalitionspartner, wenn es um klimafreundliche Technologie geht." Der Autogipfel wird von Betriebsbesuchen Nehammers begleitet. Am Dienstag geht es zu BMW nach Steyr, am Freitag zu AVL List in Graz.

In Sachen Asyl und Migration forderte Nehammer beim "Kanzlergespräch" einmal mehr Maßnahmen, um den "Druck an den Grenzen" zu reduzieren. Illegale Migration müsse verhindert, organisierte Schlepperkriminalität zerschlagen werden. Es brauche Stabilisierung und Perspektiven in Nordafrika. Kein Verständnis zeigte der Kanzler für "Pushbacks" am Balkan. Vor allem in Kroatien soll es in der Vergangenheit – mit Wissen von Behörden und Innenministerium – immer wieder zum Zurückdrängen von Flüchtlingen nach Bosnien-Herzegowina gekommen sein. Die Rechtslage sei einzuhalten, das habe auch jeder Innenminister zugesichert. Sollte es zu Verstößen kommen, müssten diese geahndet werden, so Nehammer: "Recht ist Recht."

Als "Herzensprojekte" bis zum Ende der Legislaturperiode nannte Nehammer, der demnächst 500 Tage als Kanzler im Amt ist, Steuerentlastungen bei Überstunden und Anreize für Menschen, die über den Pensionsantritt hinaus arbeiten wollen. Beiden Gruppen soll mehr im Geldbörserl bleiben. "Arbeit und Leistung muss sich lohnen", so Nehammer. Wichtig sind dem Kanzler auch die Umsetzung des Transformationsfonds, ein Milliardenpaket, mit dem ÖVP und Grüne die Umstellung auf eine klimafreundliche und energieneutrale Industrie fördern wollen, sowie der Ausbau der erneuerbaren Energie. In Sachen Teuerung ortet Nehammer "Hoffnungszeichen", dass die Inflation weiter fällt.

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