Schon als Zivildiener wollte Andreas Kranebitter zum Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW). Er wurde allerdings abgelehnt. Im Vorjahr bewarb er sich ein zweites Mal, diesmal als Leiter der Einrichtung, und hatte mehr Glück: Mit 1. April übernimmt der 40-Jährige die wissenschaftliche Leitung des DÖW.

Kranebitter studierte an der Universität Wien und promovierte zur Geschichte des KZ Mauthausen. Er baute die Forschungsstelle der KZ-Gedenkstätte Mauthausen auf, danach übernahm er die Leitung des Archivs für die Geschichte der Soziologie in Graz. Zuletzt forschte der Wiener in Washington D.C am United States Holocaust Memorial Museum. „All die Jahre war das DÖW ein Anker für mich“, sagt er. „Die wissenschaftliche Arbeit, die dort betrieben wird, ist bemerkenswert.“ Gegründet 1963, stellte das Institut anfänglich den österreichischen Widerstand ins Zentrum seiner Arbeit, später fasste es auch den zeitgenössischen Rechtsextremismus in den Blick.

Neuauflage des Handbuchs

Als das DÖW 1979 erstmals das „Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus“ veröffentlichte, tobte das rechte Lager. Ein Anwalt, der in der Publikation namentlich genannt wurde, ließ sie sogar polizeilich beschlagnahmen. Die Neuauflage 1993 zeigte Jörg Haider am Cover. Der FP-Chef erzwang, das Cover zu ändern. „Die Inhalte waren aber unangreifbar. Das hat mich sehr beeindruckt“, erinnert sich Kranebitter. Er denkt eine Neufassung des Handbuchs an, ohnehin möchte er der Forschung der Einrichtung mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen.

Das DÖW, das mit je 475.000 Euro von der Stadt Wien und dem Bildungsministerium gefördert wird, hat auch 60 Jahre nach seiner Gründung noch eine Daseinsberechtigung, glaubt Kranebitter und verweist auf regelmäßige Waffenfunde bei Rechtsextremen, identitäre Mobilisierungen in ganz Europa, aber auch die schwarz-blaue Koalition in Niederösterreich. „Wir leben in stürmischen Zeiten“, sagt Kranebitter. „Es braucht uns gerade jetzt.“