Umringt von Kindergartenkindern sitzt Andreas Babler in Traiskirchens Neuer Mittelschule und isst Kaiserschmarren. Zwei kleine Sessel weiter sitzt der Stargastronom und ehemalige Neos-Abgeordnete Sepp Schellhorn, er hat den Kaiserschmarren zubereitet. "Ohne Staubzucker geht es nicht", sagt Schellhorn, bevor er einem der Kinder eine zweite Portion reicht.

Es ist ein bemerkenswerter Termin, am Tag nach dem der Traiskirchner Bürgermeister seine Kandidatur für den SPÖ-Chefsessel bekannt gegeben hat. Zunächst will er darüber auch gar nicht sprechen, stattdessen stellt er gemeinsam mit Schellhorn sein neuestes Projekt vor: die "Volxküche".

Lob von Schellhorn

Ab dem nächsten Schuljahr soll es für 800 Kinder im niederösterreichischen Traiskirchen jeden Tag frische und regionale Küche geben. Die Preise sollen so gestaffelt werden, dass jede Familie sich das leisten kann, sagt Babler, die Stadt finanziert mit. Schellhorn, der bei der Konzeption hilft und dann nicht mehr in Traiskirchen kochen wird, ist begeistert: "Viele Kinder kommen mit gutem Essen gar nicht mehr in Berührung. Mit so einem Projekt können wir das ändern." Für Babler ist er voll des Lobes. "Der Bürgermeister handelt nach dem Motto: 'Geht nicht, gibt's nicht.'"

Radikale Wurzeln

Die politische Karriere des Bürgermeisters begann in der Jugendorganisation der SPÖ. In der Sozialistischen Jugend (SJ) kämpfte er in den 1990ern für einen Linksruck. Für die niederösterreichische Landesorganisation, deren Sekretär Babler war, war die Bundes-SJ zu angepasst an die Partei und den neoliberalen Mainstream. Die Niederösterreicher setzten sich durch, Babler wurde Bundessekretär.

Auch in der Stadt, die heute knapp 19.000 Einwohner hat, machte er Karriere. 1995 wurde er Gemeinderat, 2007 Stadtrat, 2014 Bürgermeister. Aus seinen radikalen Wurzeln machte er nie einen Hehl, vieler seine Standpunkte behielt er sich. "Die sozialistische Bewegung muss ein Gegenmodell anbieten zu einem System, das sowohl den Menschen, als auch die Umwelt zugrunde richtet", sagte er 2020 dem linken Wiener Magazin "Tagebuch". Auch heute im Pressegespräch ließ Babler Grundsätzliches durchblicken: In bundespolitischer Verantwortung würde er Wohnen dem freien Markt entziehen, und zum Grundrecht machen.

Flüchtlingspolitik mit "Menschlichkeit"

In der Lokalpolitik versuchte er, seinen Spielraum zu nutzen. Für Familien, die unter der Armutsgefährdungsgrenze leben, gibt es ein Öffi-Ticket um 13 Euro. Während der Coronapandemie ließ Babler Luftfilter in Klassenzimmern anbringen und kümmerte sich früh um FFP2-Masken für das Lehrpersonal. Den Garten der Begegnung fördert die Stadt. Flüchtlinge bauen dort Gemüse an und ernten es, im städtischen Sozialmarkt wird es angeboten.

Ohnehin: Das Flüchtlingsthema spielt in Traiskirchen eine unmittelbare Rolle. Seit 1992 ist die Stadt Standort für eines der größten Erstaufnahmezentren Österreichs. Über 2000 Menschen sind dort in der Regel untergebracht. Immer wieder kritisierte er die Überbelegung und das zuständige Innenministerium, Ressentiments gegen Flüchtlinge schürte er nicht. Babler versucht es mit Menschlichkeit, wie er es selbst formuliert. "Anders geht es bei dieser Thematik nicht", sagte er heute. Ohnehin wäre Zuzug nach Österreich wichtig: "Wer von '0 Migration' spricht, der möchte den wirtschaftlichen Kollaps dieses Landes."

Kritik wegen Doppelgehältern

In der Kritik stand Babler im Frühjahr 2016, als öffentlich wurde, dass er zusätzlich zu seinem Bürgermeisteramt auch noch bei der Stadt angestellt war, und damit 11.300 Euro brutto verdiente. Babler lavierte, erklärte, er wäre bei beiden Jobs unabkömmlich gewesen. Schließlich gab er seine Stelle bei der Gemeinde ab und überlebte die Affäre. "Babler liebt die Show", sagt Andreas Kollross, niederösterreichischer Nationalrat und Wegbegleiter aus SJ-Zeiten. "Er kann der Öffentlichkeit nicht widerstehen."

Bei den letzten Gemeinderatswahlen 2020 erhielt Bablers SPÖ in Traiskirchen 72 Prozent, bei den Landtagswahlen im Jänner er selbst 21.000 Vorzugsstimmen. Nun will er also an die Spitze seiner Partei. Er habe "großen Respekt" vor Nikolaus Kowall, der am Montag seine Kandidatur bekannt gab, sie nach Bablers Meldung aber wieder zurückzog. "Ich reiche ihm die Hand", sagte Babler. "Aber ich reiche auch allen anderen die Hand, die aus dieser Partei wieder etwas machen wollen."