Ohne Reformen wird Österreichs Schuldenberg schon in den nächsten Jahren wieder stark anwachsen. Das geht aus der zu Jahresende veröffentlichten langfristigen Budgetprognose des Finanzministeriums hervor. Steigende Pensions-, Gesundheits- und Pflegeausgaben – also die alternde Gesellschaft – sind die Hauptursache dieser Entwicklung. Bis zum Jahr 2060 werden die demografieabhängigen Staatsausgaben laut der Wifo-Studie, die für das Finanzministerium durchgeführt wurde, bereits 62 Prozent aller Staatsausgaben ausmachen.

Ab 2027 verschlechtert sich die Prognose kontinuierlich. Bis 2060 wird die Schuldenquote bei über 120 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) liegen – vor der Pandemie waren es 70,6 Prozent.

  • Die öffentlichen Ausgaben für Pensionen legen durch den Pensionsantritt der Babyboomer besonders in den nächsten Jahren zu. Bis 2035 steigen sie auf 15,5 Prozent des BIP an – 2019 waren es 13,4 Prozent.
  • Im Gesundheitsbereich wird bis 2060 ein kontinuierlicher Anstieg auf 8,5 Prozent des BIP erwartet.
  • Besonders drastisch sind die Ausgaben für die Pflege. Hier wird mit mehr als einer Verdoppelung von gegenwärtig 1,3 auf 3,1 Prozent des BIP gerechnet.

Den Berechnungen liegt die Prognose zugrunde, dass die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, also zwischen 15 und 64 Jahren, bis 2060 bei 5,9 Millionen Menschen stagniert. Die Gesamtbevölkerung Österreichs wird im selben Zeitraum aber von heute rund neun Millionen auf mehr als zehn Millionen anwachsen.

Klimapolitik: Die Kosten der Untätigkeit

Erstmals wurden in der langfristigen Budgetprognose auch die Entwicklung des Ausstoßes von Treibhausgas und klimarelevante Kosten berücksichtigt. Werden keine zusätzlichen Maßnahmen zur Eindämmung der CO₂-Emissionen getroffen, erreicht Österreich die verbindlichen EU-Klimaziele nicht. Österreich muss dann entweder Zertifikate kaufen oder Strafzahlungen tätigen. In jedem Fall rechnet die Prognose des Finanzministeriums mit hohen Kosten der Zielverfehlung: 4,7 Milliarden Euro bis 2030, danach jedes Jahr rund 0,2 Prozent des BIP.

In einem "Aktivitätsszenario", in dem zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen simuliert wurden, reduzieren sich in Treibhausgasemissionen in allen Bereichen stark. Weite Teile der Wirtschaft sind in dieser Modellierung sogar CO₂-neutral. Weil frei gewordene Emissionsmengen an andere EU-Staaten weiterverkauft werden können, lassen sich sogar Einnahmen generieren. Allerdings werden in diesem Szenario höhere Investitionen und Förderungen angenommen, die insbesondere in den Jahren vor 2040 die Schuldenquote ebenfalls in die Höhe treiben.

Das Finanzministerium verweist darauf, dass es sich um eine Prognose handelt, die davon ausgeht, dass die aktuelle Politik unverändert fortgeführt wird. Sie ist ein "Frühwarnsystem" für nötige Reformen", heißt es gegenüber der Presse: "Die Ergebnisse verdeutlichen, dass der demografische Wandel in Österreich eine zentrale budget- und sozialpolitische Herausforderung der nächsten Jahre und Jahrzehnte sein wird." Lukas Sustala, Direktor der Bildungsakademie der Neos, fordert weitere Anstrengungen und grundlegende Reformen: "Möchte die Politik weiter Spielräume für Zukunftsinvestitionen oder Steuersenkungen haben, müsste jetzt die Zinswende an den Kapitalmärkten zum Anlass für strukturelle Reformen genommen werden."