Österreich will seine Abhängigkeit von Russland weiter reduzieren. In einem Arbeitsgespräch mit Stakeholdern von Unternehmen bis Sozialpartnern haben Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Freitag weitere Schritte und konkrete Projekte besprochen.

Kocher und Gewessler verwiesen darauf, dass der Gipfel nur ein erster Schritt sei, weitere Treffen in kleinerer Runde sollen folgen. Das heutige Gespräch habe jedenfalls gezeigt, dass Österreich eine gut ausgebaute Gasinfrastruktur habe. Die maximale technische Kapazität der Übergabepunkte, über die nicht-russisches Gas nach Österreich gelangen kann, entspreche dem gesamten Importbedarf Österreichs.

Dass die Wartungsarbeiten bei der russischen Pipeline Nord Stream 1 beendet sind, ist positiv, findet Gewessler: "Das Gas fließt wieder, die OMV bekommt größere Mengen geliefert". Dies heiße aber nicht, "dass wir uns zurücklehnen dürfen, dass wir uns in falscher Sicherheit wiegen dürfen". Putin verwende die Gaslieferungen als Waffe und wolle Europa und die österreichische Bevölkerung spalten, so Gewessler: "Auch wenn heute wieder mehr Gas fließt, es fließt mehr Gas aus Russland, wir sind weiter abhängig". Die Antwort auf den Krieg in der Ukraine müsse immer lauten: "Wir müssen unabhängig werden", ein Problem der Abhängigkeit könne man nicht mit mehr Abhängigkeit lösen.

Umstieg auf Erdöl

Auf diesem Weg gibt es bereits erste Erfolge. So wurde in den vergangenen zehn Tagen laut Gewessler trotz der Wartung kontinuierlich Gas eingespeichert. Über Deutschland komme auch zunehmend mehr nicht-russisches Erdgas nach Österreich. In den nächsten Tagen werde außerdem der OMV-Speicher einen Füllstand von 80 Prozent erreichen. Für Österreich, das im Falle eines Gas-Stops aus Russland vor allem auf seine vergleichsweise großen Speicher setzt, ein wichtiger Meilenstein.

Um aber nicht sinnlos Gas zu verschwenden, wird heute die Energielenkungsverordnung in Begutachtung geschickt. Gewessler strich vor allem hervor, dass diese großen Verbrauchern und Kraftwerken vorschreibt, auf Kosten des Bundes auf andere Energieträger umstellen zu lassen - in den meisten Fällen wäre das Erdöl. Auch auf individueller Ebene könne man helfen, so Gewessler: Vor der Heizsaison sollten Haushalte ihre Therme warten lassen, die Heizung einstellen und lüften. So helfe man, die Abhängigkeit von Russland zu reduzieren und spare gleichzeitig Geld.

Opposition enttäuscht

Die SPÖ meinte nach der heutigen Pressekonferenz der beiden Minister einmal mehr, dass die Regierung "ohne Plan" sei. "Nach dem sogenannten Gasinfrastruktur-Gipfel wissen wir leider nicht mehr als davor", sagt SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll. Er kritisierte, dass die Energiesprecher der Oppositionsparteien zum heutigen Gipfel nicht eingeladen wurden.

Enttäuscht vom Gipfeltreffen sind auch die NEOS. Wie es mit der Versorgungssicherheit für Herbst ausschaue, sei weiterhin unklar. "Die Regierung wirkt weiterhin tiefenentspannt und planlos", so NEOS-Energiesprecherin Karin Doppelbauer.

FPÖ-Wirtschaftssprecher Erwin Angerer vermisst ebenfalls News von der Regierung. "Dieser Gipfel brachte in Wahrheit keine Neuigkeiten - außer, dass es weitere Treffen in kleinerer Runde geben soll", meinte Angerer. Er sprach sie für ein Ende der Sanktionspolitik gegen Russland aus.