Nach wochenlangen Forderungen erhöht der Bund die Grundversorgung für Geflüchtete in Österreich. Das hat die Regierung am Mittwoch im Ministerrat beschlossen. Bei jenen, die privat unterkommen, also keine staatliche Einrichtung in Anspruch nehmen, wird es 15 Euro mehr für die Unterbringung und 45 zusätzlich für die Verpflegung geben. Die Summe wächst in diesem Bereich somit von 365 auf 425 Euro pro geflüchteter Person und Monat an.

Der Tagsatz für die Flüchtlingsbetreuung steigt außerdem von auf 25 Euro. Zusätzlich bekennt sich der Bund zur kompletten Finanzierung der Ankunftszentren für Vertriebene aus der Ukraine. Hier wird eine Pauschale von 190 pro Flüchtling zur Verfügung gestellt. Wie Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) im Pressefoyer nach dem Ministerrat betonte, sei mit dem heutigen Beschluss Rechtssicherheit für alle Beteiligten gegeben. Der Mehrbetrag gilt rückwirkend mit 1. März.

Zuverdienstgrenze weiter offen

Aktuell befinden sich 85.000 Personen in der Grundversorgung, der größte Teil davon Vertriebene aus der Ukraine. Im Vorjahr betrugen die Kosten noch 227 Millionen. Für heuer wird bereits ein Anstieg auf etwa 450 Millionen erwartet. Die Grundversorgung an sich wird weiter im Verhältnis 60 Prozent Bund, 40 Prozent Länder aufgeteilt, wobei nach einem Jahr der Bund die Kosten vollständig übernimmt.

Das Geld können Geflüchtete nur erhalten, wenn sie kein verwertbares Vermögen haben und nicht mehr als 110 Euro plus maximal 80 Euro pro Familienmitglied dazuverdienen. Eine Erhöhung der Zuverdienstgrenze auf 485 Euro scheiterte bislang: Das türkise Innenministerium will nur Geflüchteten aus der Ukraine erlauben, mehr zu arbeiten, das rot geführte Kärnten fordert das auch für Asylwerbende. Man sei in Abstimmung mit dem Bundesland, wird im Innenministerium versichert.

Karner will Asylwerber in Drittstaaten bringen

Beinahe gleichzeitig brachte Innenminister Karner einen anderen Vorschlag vor: Vor dem Treffen der EU-Innenminister am Donnerstag sprach sich der Niederösterreicher dafür aus, Asylwerber in Drittstaaten außerhalb der EU zu bringen. "Es wäre eine gute Lösung, künftig Migranten von der EU in Drittstaaten zurückzuschicken und dort ihre Asylanträge prüfen zu lassen", sagte Karner gegenüber der deutschen Zeitung "Die Welt".

Die Drittstaaten sollten im Gegenzug wirtschaftlich unterstützt werden, forderte der Innenminister. Wer nicht schutzberechtigt sei, müsse dann wieder in sein Herkunftsland zurückkehren, wer Anspruch auf Asyl habe, "bekommt Schutz in der EU", so Karner. Die Idee ist nicht neu, gestand Karner ein, es gehe ihm darum, dass man "ordentlich darüber spricht". Er erwartet sich nun "neue Vorschläge der Kommission" im Kampf gegen illegale Schlepper. Schon sein Vorgänger als Innenminister brachte einen solchen Vorschlag hervor, Karl Nehammer (ÖVP) ist heute Bundeskanzler.

Keine "Anlandeplattformen" mit den Grünen

Für eine entsprechende Änderung bräuchte es Einstimmigkeit innerhalb der EU – doch schon innerhalb der Regierung tut man sich hier schwer. "Wir haben uns dazu bekannt, dass wir Menschen, die bei uns Schutz suchen, diesen Schutz auch gewähren", sagte Justizministerin Alma Zadić (Grüne) zu dem Vorschlag ihres Koalitionspartners. Umweltministerin Leonore Gewessler erteilte dem Vorhaben nahezu wortgleich eine Absage. Sogenannte "Anlandeplattformen" in Drittstaaten seien weder im Regierungsprogramm vereinbart, "noch funktioniert es und ist zudem völkerrechts- und unionsrechtswidrig", erklärte die grüne Menschenrechtssprecherin Ewa Ernst-Dziedzic die Debatte für beendet.

Das Thema Asyl hat zuletzt für Verstimmungen in der Koalition gesorgt: So hatte ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner hatte auf dem Kurznachrichtendienst Twitter geschrieben, Österreich "leidet" durch Asylanträge.

Ernst-Dziedzic nannte das "offen rassistische Polemik", der grüne Klimaschutzsprecher Lukas Hammer fand Sachslehners Aussage "menschenverachtend". In Deutschland wurde der Tweet der türkisen Generalsekretärin aufgrund der dort geltenden Gesetze sogar gesperrt.

Nach außen hin zeigen sich Regierungsmitglieder beider Couleur unbeeindruckt. "Die eine oder andere Twitter-Aufregung" sei "okay", befand etwa der türkise Innenminister am Mittwoch. Klar ist aber: Die steigende Zahl der Asylanträge sorgt für Druck innerhalb der Regierung. Und Sachslehners Wortwahl ist genauso wenig Zufall wie Karners Vorschläge weit außerhalb des Regierungsprogramms.