Der Konflikt der WKStA mit der polizeilichen Sonderkommission Soko Tape (auch: Soko Ibiza) steht auch heute im Fokus des ÖVP-U-Ausschusses. Die Korruptionsjäger hatten der Soko im März öffentlich alle Ermittlungsmaßnahmen entzogen und von einer "systematischen Torpedierung des Ermittlungsverfahrens" geschrieben. Der Leiter der Soko Tape, Dieter Csefan, kann diesen Vorwurf heute im U-Ausschuss nicht nachvollziehen.

"Alle meine Ermittlerinnen und Ermittler haben einen Top-Job gemacht", betonte er. Dass die "Soko Tape" vor der Einstellung steht, weist ihr Leiter zurück. Man werde weitere Ermittlungsaufträge der Staatsanwaltschaft (StA) Wien selbstverständlich fortführen. Er habe "keinerlei politische Einflussnahme auf die polizeilichen Ermittlungen" erlebt, "in meiner ganzen Karriere nicht". Das werde es auch nicht geben, denn: "Parteiliche Zugehörigkeit spielt bei der Polizei keine Rolle", sagte Csefan.

Schon gestern hatte der frühere Direktor des Bundeskriminalamts (BK), Franz Lang, hatte den Vorwurf der Befangenheit gegen die von ihm eingesetzten Ermittler als "an den Haaren herbeigezogen" bezeichnet. Wenn man damit anfange, einen Gemeindepolitiker für befangen zu erklären, müsse man "tausende Polizisten für befangen erklären". "Niemand von uns hatte jemals eine Parteifunktion inne", wies auch Csefan heute entsprechende Vorwürfe zurück. Ein Ermittler sei aber Mitglied der roten Gewerkschaft FSG.

Nach dem Dafürhalten des SoKo-Leiters wäre es auch effizienter gewesen, nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen bei einer Behörde zu bündeln und sie nicht in die Entstehung des Videos (StA Wien) und in Korruptionsdelikte (WKStA) aufzuspalten. Zunächst sei die Entstehung des Videos im Vordergrund gestanden, für die Korruptionsdelikte habe er dann Wirtschaftsexperten in die Gruppe geholt. Insgesamt ergaben sich 93 Ermittlungsverfahren aus dem Ibiza-Video, die alle zur Zufriedenheit der Staatsanwaltschaft abgearbeitet worden seien, so Csefan. Aufgelöst wurde die SoKo indes noch nicht. Derzeit würden noch Ermittler unter anderem in der Spesencausa rund um Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache arbeiten.

Kloibmüllers "Opfer-Stick"

Bereits in der Anfangsphase der Ermittlungen sei mittels eines anonymen Schreibens über angebliche "schwarze Netzwerke" in der SoKo versucht worden, "einen Keil" zwischen die SoKo und die WKStA zu treiben. Teile des Schreibens seien später von der AG Fama bei dem Ex-BVT-Mann Egisto Ott gefunden worden, so Csefan, der auch für die "AG FAMA" tätig ist, die den Datenstick mit der Auswertung von Michael Kloibmüllers Handy gefunden hatte, diesen "Opfer-Stick" aber nicht weiter untersucht hatte. Nachdem Peter Pilz die Auswertung auch der WKStA übergab und entsprechende Anzeigen einbrachte, ermitteln die Korruptionsjäger gegen Kloibmüller und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), der auch heute wieder den Vorsitz im U-Ausschuss führt.

Bereits gestern hatte sich der U-Ausschuss dem Innenministerium zugewandt. Die Befragung des früheren Kabinettschefs im Innenministerium, Michael Kloibmüller, war vor allem von Entschlagungen und Erinnerungslücken geprägt. Der heutige Tag dürfte kürzer werden: Der zwischenzeitliche Leiter der Soko und nunmehrige Leiter des BK, Andreas Holzer, kann seiner Ladung aus gesundheitlichen Gründen nicht folgen.

SPÖ ortet parteiliche Umfragen auch im BMI

Dass die Soko-Tape mit schwarzen Ermittlern besetzt worden sei, sei "bekannt", sagte SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer. Neu sei, dass auch das Innenministerium bereits 2016 innenpolitische Umfragen abfragen ließ. "Da geht es um parteipolitische Umfragen, die vom Steuerzahler gezahlt worden sind" - für die ÖVP, so Krainer. "Das ist dasselbe wie im Finanzministerium", 2016 noch etwas holprig, ab 2018 sehe man, wie "professionell und gesteuert die ÖVP Steuergelder missbraucht für ihre Umfragepolitik".

Den Polizisten der "Soko Tape" wurde auch vorgeworfen, sich mehr für die Herkunft des "Ibiza-Videos" zu interessieren, als für seinen Inhalt. Man werde versuchen, zu zeigen, "dass es sich hier um eine schwarze Tatortreinigergruppe gehandelt hat", die eher vertuscht statt aufgeklärt habe, kündigte der FPÖ-Abgeordnete Wolfgang Zanger an. Auch das Thema Wirecard werde die blauen Abgeordneten beschäftigen.

Redliche Beamte "schauen auf unsere Republik"

"Es ist Zeit für Demut", richtet die grüne Abgeordnete Nina Tomaselli ihrem Koalitionspartner direkt aus, "nicht nur das zuzugeben, was Journalistinnen und Journalisten bereits recherchiert haben". Das schade auch dem Amt, in Zeiten von Krisen brauche es Stabilität, man dürfe man nicht mit sich selbst beschäftigt sein, winkt die Vorarlbergerin dem schwarzen Ländle-Landeshauptmann Markus Wallner mit dem Zaunpfahl.

Es sei aber auch wichtig zu erwähnen: "Es gibt auch Redliche in dieser Geschichte". Von Sigi Wolf bis zur aktuellen Handy-Löschaktion Wallners: "Es gibt Beamte, die schauen auf unsere Republik, die sagen Stopp, wenn zu viel zu viel ist." Man könne "durchaus froh sein, dass es gerade in der WKStA so unerschrockene Ermittlerinnen und Ermittler gibt".

ÖVP nimmt das rote Wien ins Visier

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger blickt zunächst auf den gestrigen Befragungstag zurück: "Zum x-ten Mal hat eine Auskunftsperson festgehalten, dass es zu keiner Zeit eine politische Einflussnahme auf Ermittlungen gegeben hat". Man komme nun langsam auch zu der Vergabe von Aufträgen, da werde sich die ÖVP einen Rahmenvertrag der Stadt Wien an das Labor Lifebrain ansehen. 1,4 Milliarden Euro habe das Labor erhalten.

Man habe "ganz deutliche Indizien dafür, dass diese Ausschreibung für die Firma Lifebrain zugeschrieben war". Es sei nur ein einzelner Anbieter - eben Lifebrain - übrig geblieben, der Geschäftsführer von Lifebrain sei

SPÖ-nahe und habe rund 50.000 Euro an den Präsidentschaftswahlkampf von Rudolf Hundsdorfer (SPÖ) gespendet - diese Information müsse aber noch geprüft werden. Die ÖVP werde sich auch ansehen, ob es Kickback-Zahlungen an die SPÖ gegeben habe, kündigte Hanger an.

SPÖ-Vergabe im ÖVP-U-Ausschuss?

"Der Herr Hanger ist hier auf der falschen Veranstaltung", sagt SPÖ-Fraktionschef Krainer, die SPÖ könne jederzeit einen eigenen U-Ausschuss einsetzen. "So viel Fantasie kann ich gar nicht aufbringen, von der ich dann ableiten könnte, dass eine von der ÖVP-verbundene Person einen Vorteil daraus erhalten haben könnte", hält auch die grüne Tomaselli Lifebrain für kein Thema.

Da die Entscheidung nach dem Ende des Untersuchungszeitraums fiel, zog die ÖVP ihren ergänzenden Beweismittelantrag zurück, dieses Thema wird folglich im ÖVP-U-Ausschuss nicht behandelt werden. Hanger kann sich aber vorstellen, zu einem späteren Zeitpunkt die Corona-Beschaffungsmaßnahmen in einem eigenen Ausschuss unter die Lupe zu nehmen.