Wie praktisch, wenn Termine zusammenfallen: Zur Premiere von Sabine Derflingers Filmporträt "Alice Schwarzer" war ebenjene nach Wien gereist, und nutzte die Gelegenheit, um im ZiB2-Studio bei Margit Laufer Stellung zu nehmen zum öffentlichen Briefwechsel zu Waffenlieferungen in die Ukraine.

Alice Schwarzer und 27 andere Intellektuelle hatten den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz in Schwarzers feministischer Zeitschrift "Emma" aufgefordert, der Ukraine keine Waffen zu liefen, damit der Konflikt nicht eskaliert wird. Daraufhin veröffentlichten Künstler wie die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller sowie Daniel Kehlmann und Eva Menasse in der „Zeit“ einen Gegen-Brief, plädierten darin für Waffenlieferungen, und warfen Schwarzer und Co. "Sofa-Pazifismus" vor. In der ZiB2 war Schwarzer mit einer weiteren Kritikerin konfrontiert: Ex-ÖVP-Außenministerin Ursula Plassnik.

Publizistin Alice Schwarzer: "Wir müssen eine Lösung finden, die Putin nicht in die Enge treibt."
Publizistin Alice Schwarzer: "Wir müssen eine Lösung finden, die Putin nicht in die Enge treibt." © Screenshot/ORF

Man habe den Brief geschrieben, weil es eine "Kluft zwischen öffentlicher und veröffentlichter Meinung" gäbe, erklärte sich Schwarzer. Drohungen aus Moskau, dass man vor einem Atomschlag nicht zurückschrecke, "nehmen wir sehr ernst", so Schwarzer: "Wir müssen eine Lösung finden, die Putin nicht in die Ecke treibt." Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz habe "die Verantwortung für den Schutz Deutschlands und den ganzen Westen." Sie wolle davor warnen, "dass wir uns Reinziehen lassen in einen Weltkonflikt."

Ursula Plassnik, die nur mehr selten in der Öffentlichkeit auftritt, konterte direkt: "Wenn es nur so einfach wäre und man auf eine Stopp-Taste drücken könnte". Schwarzer und Konsorten hätten sich "im Adressaten geirrt": "Sie hätten ihren Brief dem russischen Präsidenten schicken müssen - der ist verantwortlich." 

Ex-Außenministerin Ursula Plassnik: "Man kann der Ukraine nicht vorschreiben, wann es genug sein soll mit der Notwehr."
Ex-Außenministerin Ursula Plassnik: "Man kann der Ukraine nicht vorschreiben, wann es genug sein soll mit der Notwehr." © Screenshot/PRF

Das wisse sie, antwortete Schwarzer. Der Krieg ließe sich aber nur durch Verhandlungen beenden: "Wenn beide Kompromisse machen." Sie frage sich, ob nicht "jetzt der Moment dafür ist": "Kiew ist verteidigt, Putin ist in der Ostukraine, wo er hinwollte."

Man könne der Ukraine nicht vorschreiben, wann es genug sein soll mit der Notwehr, sagte Plassnik: "Putin hat auch keinen Vorwand gebraucht, um über die Ukraine herzufallen." Aus der gemeinsamen Arbeit gegen Gewalt an Frauen wisse Schwarzer doch: "Wenn eine Frau von einem gewalttätigen Mann bedroht wird, ist es mit Beschwichtigung und Gut-Zureden nicht getan", appellierte sie. 

Einig waren sich die beide, dass die "Empörungsspirale" schlecht, und Besonnenheit angebracht war. Margit Laufer musste die hitzige Diskussion jäh beenden. "Wir haben ja auch alles gesagt", antwortete Alice Schwarzer. Eine halbe Stunde später kam sie bei Barbara Stöckl noch einmal zu Wort.