Erhard Busek ist im Alter von 80 Jahren verstorben. Busek starb unerwartet am gestrigen Sonntag, teilte das Institut für den Donauraum und Mitteleuropa am Montag der APA mit, bei dem der Jurist als Vorstandsvorsitzender fungierte. Busek hätte am 25. März seinen 81. Geburtstag gefeiert.

Der frühere ÖVP-Chef war von 1991 bis 1995 Österreichs Vizekanzler und zunächst Wissenschaftsminister und später Unterrichtsminister. Nach seiner Ablöse als Chef der Volkspartei 1995 durch Wolfgang Schüssel konzentrierte sich Busek auf die europäische Ebene und war etwa 2000 bis 2002 Regierungsbeauftragter für die EU-Erweiterung. Von 2002 bis 2008 war er Sonderkoordinator des Stabilitätspakts für Südeuropa.

"Mit Erhard Busek verliert Österreich eine seiner prägendsten politischen Persönlichkeiten", sagte Bundespräsident Alexander Van der Bellen in einer Aussendung am Montag. Schon früh seien Busek Fragen des Umweltschutzes, der Stadterneuerung und Mitteleuropas wichtig gewesen, so das Staatsoberhaupt, das auch die "feine Ironie, ja, auch Selbstironie", des früheren Vizekanzlers hervorstrich.

ÖVP trauert um "begeisterten Europäer"

"Unser Land hat mit Erhard Busek einen großen Österreicher und begeisterten Europäer verloren", zeigte sich ÖVP-Chef Karl Nehammer vom Ableben Buseks tief betroffen. Der frühere ÖVP-Chef sei über die Parteigrenzen hinweg geschätzt gewesen und habe "in unterschiedlichsten Funktionen und Ämtern viel für unser Land und die Volkspartei geleistet", so Nehammer. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) beschrieb ihn als "Politiker mit Haltung, Visionär und Vordenker".

Durch Busek habe die Volkspartei "an Breite, Vielfalt und Offenheit gewonnen", sagte die niederösterreichische ÖVP-Obfrau Johanna Mikl-Leitner. "Mit Erhard Busek ist ein großer Wiener, Österreicher und Europäer von uns gegangen", sagten der Wiener ÖVP-Chef Karl Maher und Klubchef Markus Wölbitsch. Der frühere Vizekanzler habe "als Wiener ÖVP-Obmann und Wiener Vizebürgermeister die positive Entwicklung Wiens und Öffnung zu einer weltoffenen Metropole lange Jahre maßgeblich beeinflusst und begleitet", sagte der frühere Wiener ÖVP-Obmann Bernhard Görg in einer Aussendung.

Respekt aus allen Parteien

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner würdigte Buseks "wachen Geist und seine Affinität für Wissenschaft und Kunst". Er habe als Vizekanzler "entscheidend dazu beigetragen, Österreich in Richtung Europäische Union zu führen". Österreich verliere mit Busek einen "Brückenbauer und ein Vorbild für die Politik", erklärte Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ). "Mit dem Tod Erhard Buseks verlieren wir einen Politiker und Vordenker, dessen große Begabung es war, über den gesellschaftlichen und politischen 'Tellerrand' hinauszublicken", sagte der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ).

Der grünen Klubobfrau Sigrid Maurer wird Busek "nicht nur für sein politisches Wirken in Erinnerung bleiben, sondern auch für seine Lust an der Diskussion und sein zivilgesellschaftliches Engagement". Der frühere Vizekanzler habe den Mut besessen, Neues zu wagen und seine Partei zur Ökologiebewegung geöffnet, so Maurer.

Neos-Obfrau Beate Meinl-Reisinger zeigte sich auf Twitter traurig, Busek habe sie maßgeblich geprägt. Ex-Neos Chef Matthias Strolz verneigte sich auf Twitter vor Busek, der "eine politische Inspiration über Jahrzehnte, ein treuer Freund und Förderer" gewesen sei. FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht im früheren Vizekanzler eine "kontroversielle politische Persönlichkeit", die sich "der Diskussion und dem Diskurs gestellt hat".

Katholische Prägung

Busek kam am 25. März 1941 in Wien als Sohn eines Ingenieurs und Baumeisters zur Welt. Von der Familie bekam er seine katholische Prägung, die er bis zuletzt behielt. So engagierte sich Busek schon früh in der Kirche, er war Ministrant und bei der Katholischen Jungschar und während seines Jus-Studiums bei der Katholischen Jugend.

Seine politische Karriere begann der liberale Intellektuelle im ÖVP-Klub 1964, ab 1968 war er im Wirtschaftsbund tätig. Von 1975 bis 1976 war er unter Bundesparteiobmann Josef Taus ÖVP-Generalsekretär, von 1975 bis 1978 Abgeordneter zum Nationalrat.

"Bunter Vogel" in Wien

Buseks Laufbahn in der Wiener Kommunalpolitik begann 1976, als er zum Landesparteiobmann gewählt wurde. Als nicht amtsführender Stadtrat 1976 bis 1989 bzw. als Vizebürgermeister von 1978 bis 1987 belebte er als "bunter Vogel" die Wiener Kommunalpolitik und fuhr für die ÖVP Wahlergebnisse von bis zu 35 Prozent (1983) ein. Die Niederlage bei den Gemeinderatswahlen 1987 ließ seinen Stern vorübergehend verblassen. In einer Kampfabstimmung im Oktober 1989 wurde Busek durch Wolfgang Petrik als Parteiobmann abgelöst.

Im selben Jahr wurde er unter Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) Minister für Wissenschaft und Forschung in der österreichische Bundesregierung. 1991 wurde Busek als Nachfolger von Josef Riegler zum neuen ÖVP-Parteichef gewählt und übernahm auch die Funktion des Vizekanzlers in der Koalitionsregierung mit der SPÖ unter Kanzler Vranitzky.

Der Wissenschaft verbunden

Als Wissenschaftsminister zeichnete Busek vor allem für das Universitätsorganisationsgesetz (UOG) 1993 verantwortlich - dieses brachte den Unis mehr Autonomie. Seither dürfen sie etwa selbst Professoren berufen. Außerdem wurden die verschiedenen Universitätsebenen durchgehend in operative und strategische Organe getrennt. Auch die Einrichtung von Fachhochschulen (FH) fiel in Busek Amtszeit. Dem Wissenschaftssektor blieb er auch danach verbunden - etwa als Präsident des Forum Alpbach, als Rektor der FH Salzburg (2004-2011) und als Vorsitzender des Universitätsrats an der Medizin-Uni Wien (2008-2018).

Nach der Nationalratswahl am 9. Oktober 1994 blieb Busek zwar Vizekanzler, wechselte jedoch ins Unterrichtsressort. Bald danach setzte seine Demontage als Parteiobmann ein, die schließlich zur Wahl von Wolfgang Schüssel zum neuen Parteichef und zum Ausstieg Buseks aus der Regierung führte. Am 9. Mai 1995 übernahm Busek wieder ein Abgeordnetenmandat im Nationalrat, das er allerdings zwei Monate später zurücklegte.

Laute Stimme bis zuletzt

Der Ex-ÖVP-Chef war auch dafür bekannt, kein Blatt vor den Mund zu nehmen und mitunter auch die eigene Partei zu kritisieren. Bei der Bundespräsidentschaftswahl 2016 hielt er den ÖVP-Kandidaten Andreas Khol für "zu alt für das G'schäft" - und unterstützte Irmgard Griss bei ihrer Kandidatur.

Bis zuletzt äußerte sich Busek zu tagesaktuellen Themen: Erst letzte Woche hatte der Jurist Europas Rolle in der Ukraine-Krise kritisiert. "Ein bisserl aufwachen tät' uns gut", sagte der Ex-Vizekanzler bei einer Podiumsdiskussion der österreichisch-amerikanischen Gesellschaft am letzten Montag.