Vor zwei Jahren wäre es wohl kaum der Rede wert gewesen, wer künftig das Geschäftsfeld "Öffentliche Gesundheit" in der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) leitet. Seit sie aber zentraler Player in der Bekämpfung einer globalen Pandemie wurde, trat auch deren Leiter Franz Allerberger immer wieder in die Öffentlichkeit. Mit dem heutigen Tag verabschiedet sich der Mikrobiologe in die Pension. Seinen Posten in der Wiener Spargelfeldstraße übernimmt der Oberösterreicher Bernhard Benka.

Benka war bisher Abteilungsleiter im Gesundheitsministerium für übertragbare Erkrankungen, Krisenmanagement und Seuchenbekämpfung. In dieser Funktion war er auch Mitglied des Krisenstabs, der Corona-Kommission und des Management Boards der EU-Gesundheitsbehörde ECDC. Davor war Benka fünf Jahre für Ärzte ohne Grenzen in Südamerika und Afrika unterwegs. 2013 etwa im Nordwesten Paraguays, wo er Teil eines Programmes gegen die Krankheit Chagas war, die von blutsaugenden Raubwanzen übertragen wird und besonders das Herz und den Verdauungstrakt angreift. Sie wird auch als "vergessene Krankheit" bezeichnet, weil sie überwiegend arme Menschen abseits jeglicher Gesundheitssysteme trifft. Seine dortigen Tätigkeiten erinnern durchaus an das Vokabular, das auch hierzulande in den letzten 18 Monaten Einzug gehalten hat. Alle Bewohner eines Dorfes einem Schnelltest unterziehen, nach dem Überträger suchen und viel Aufklärungsarbeit.

Große Herausforderungen durch Klimawandel

Auf Benka und seine 200 Mitarbeiter warten große Herausforderungen, auch wenn Corona irgendwann nicht mehr das Thema Nummer eins sein sollte. Besonders der Klimawandel verstärkt viele der Probleme, die Benkas Abteilung zu lösen versucht. Sie bekämpft andere übertragbare Krankheiten, behält Stechmücken im Auge, die etwa das West-Nil- oder das Zika-Virus übertragen können oder überwachen, wie viele Menschen durch Hitzewellen sterben. Was der neue AGES-Bereichsleiter außerdem als große Zukunftsaufgaben sieht: "Sicherlich den Auf- und Ausbau der Infektionsepidemiologie, vor allem auch der IT in diesem Bereich, also von Datenbanken und Bioinformatik." Hier seien AGES und Österreich bereits jetzt keinesfalls schlecht aufgestellt.

Allerberger mit kantigen Formulierungen

Benkas Vorgänger Allerberger formulierte während der Pandemie oft kantig: "Was rund um Covid-19 einzigartig ist, sind die Ängste der Bevölkerung", sagte er im Abschiedsinterview mit der APA. "Jeder einzelne Sterbefall ist tragisch. Jeder Fall sollte verhindert werden", betonte Allerberger. "Aber wir haben eine Sterblichkeit bei allen seit Mai 2021 mittels PCR-diagnostizierten SARS-CoV-2-Infektionen von 0,3 Prozent. Von den Verantwortlichen sei hier bei weitem nicht immer evidenzbasiert argumentiert worden.

Die saisonale Schwankung der Infektions- und Erkrankungsraten bei Covid-19 sei aber offenbar überaus stark. Hotspots bei den Infektionen seien gegeben. Allerberger: "Wir haben zum Beispiel europaweit ein Problem mit Diskotheken, mit Fitnessklubs." Am Wert der Durchimpfung möglichst vieler Österreicher gehe nichts vorbei. Die Effektivität bei der Verhütung von SARS-CoV-2-Infektionen mit symptomatischem Verlauf liegt bei vollständig Geimpften im Vergleich zu nicht vollständig Geimpften in Österreich bei den über 40-Jährigen laut den AGES-Daten bei mehr als 90 Prozent. Allerberger: "Impfen, impfen, impfen!"

Jahrzehntelange Erfahrung

Allerberger überblickt mit jahrzehntelanger Erfahrung fast schon eine zeithistorische Epoche, was die öffentliche Gesundheit angeht: "Als ich 1983 in den Dienst eingetreten bin, hat es in Österreich noch die Bundesstaatlichen bakteriologisch-serologischen Untersuchungsanstalten gegeben", erzählte er. Ein Thema waren die Salmonelleninfektionen: "Jahrzehntelang musste jeder im Gastgewerbe und in der Lebensmittelindustrie Beschäftigte regelmäßig Stuhlproben abgeben, die untersucht wurden. Das haben wir abgeschafft. Das Problem bei den Salmonellen waren nicht die untersuchten Menschen, sondern die Salmonellen in den Lebensmitteln." Gemeinsam mit den Geflügelzüchtern, der Lebensmittelindustrie und dem Handel habe man die Salmonellenproblematik in Österreich unter Kontrolle gebracht.