Wilhelm Molterer bleibt umtriebig. Der einstige ÖVP-Chef ist zwar seit Freitag Pensionist, wie er im Gespräch mit der Kleinen Zeitung unterstreicht. Nach der verlorenen Nationalratswahl im Jahr 2008, die er vom Zaun gebrochen hatte ("es reicht"),  stieg der damalige Finanzminister zunächst zum Vizepräsidenten der Europäischen Investitionsbank (EIB) auf. In den letzten sechs Jahren stand er dem Europäischen Fonds für Strategische Investitionen (EFSI), der als Teil des Juncker-Plans infolge der Finanzkrise der Jahre 2008/2009 aus der Taufe gehoben wurde, vor. Investitionen von mehr als 550 Milliarden Euro konnten bewegt werden, 40 Prozent im Klimabereich.

Seit wenigen Monaten  ist der am Tag vor dem Staatsvertrag geborene, heute 66-jährige Oberösterreicher Chef des Verwaltungsrats des größten slowakischen Think-Tanks „GlobSec“, diesem gehören auch die ehemalige kroatische Präsident Kolinda Grabar-Kitaroviv, der einstige schwedische Premierminister Carl Bildt oder Ex-EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton an.

Zu innenpolitischen Fragen will sich Molterer nicht äußern, das türkis-grüne Projekt oder den von der EU entwickelten „Green Deal“ verfolgt Molterer mit Sympathien. In jungen Jahren arbeitete im Kabinett von Ex-ÖVP-Vizekanzler Josef Riegler, der als Erfinder der ökosozialen Marktwirtschaft gilt.

Molterer warnt im Gespräch vor einem Tunnelblick im Kampf gegen die Erderwärmung und unterstreicht, Klimapolitik müsse  "drei Komponenten" umfassen. „Wir brauchen eine starke wirtschaftliche Komponente, leistungsfähige Unternehmen für den Klimawandel.  Wir brauchen eine hohe technologische Forschungslandschaft, um das Know-how zu entwickeln. Und die ökologische Dimension muss um die soziale Komponente erweitert werden.“ Molterer denkt weniger an die Gelbwesten, sondern an die in weiten Teilen Europas virulent gewordene  Frage des leistbaren Wohnens.

Molterer übersiedelt nach elf Jahren in Luxemburg wieder nach Österreich zurück.  Dass ihm in der Pension langweilig werden könnte, diesen Eindruck gewinnt man nicht.