Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) spricht sich dagegen aus, angesichts wieder steigender Corona-Zahlen "überzureagieren." Bei seiner Antrittsrede anlässlich des Vorsitzwechsels im Bundesrat verwies er am Donnerstag darauf, dass nicht die Inzidenzen, sondern die Hospitalisierungszahlen entscheidend seien. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner warb für einen Ausbau der Gurgel-Tests und empfiehlt, Maßnahmen in der Nachtgastronomie zu prüfen.

In einem schriftlichen Statement kritisierte die Vorsitzende der Sozialdemokraten, dass Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zuletzt die Pandemie quasi für beendet erklärt habe. Dies sei ein falsches Signal. Es brauche jetzt keine Träumereien oder Schönfärbereien sondern Vernunft und Vorsicht.

Impfung "einfach und ohne Anmeldung"

Die Impfung müsse nun nahe zu den Menschen kommen, zum Beispiel bei großen Supermärkten und Veranstaltungen - "einfach und ohne Anmeldung." Zudem müsse die Aktion aus der Bundeshauptstadt "Wien gurgelt" auf "Österreich gurgelt" ausgeweitet werden. Zudem müssten die Masken überall bleiben, wo kein 3G gelte.

Auch sei es wichtig sich genau anzuschauen, wo Cluster entstünden: Wenn Experten feststellten, dass sich Cluster in der Nachtgastronomie häufen, werde man dort Maßnahmen setzen müssen.

FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht die Regierung als "Panik-Orchester": "Eine Woche vor dem geplanten Inkrafttreten ohnehin zaghafter Öffnungsschritte treten heute die schwarz-grünen Corona-Fanatiker wieder auf den Plan, um neue Schikanen zu beschließen." Auch die NEOS warfen der Regierung Planlosigkeit und einen "gefährlichen Hü-Hott-Kurs" vor. Die "ständigen komplett widersprüchlichen Signale werden die Impfbereitschaft unter Garantie nicht erhöhen", warnte NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker, der forderte, dass es für zweifach Geimpfte keine Restriktionen mehr geben dürfe.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zeigte sich am Nachmittag bei der Präsentation des ersten Wiener Impfboots höchst zufrieden damit, dass der Bund strengere Maßnahmen überlegt. "Ich persönlich freue mich sehr, dass die Bundesregierung jetzt offenbar einschwenkt auf den Wiener Weg der Sicherheit und Stabilität." Er habe sehr viel Kritik auf sich gezogen, weil Wien eigene Maßnahmen gesetzt habe. Diese könnten aber etwa verhindern, dass Wien oder Österreich wieder auf Rote Listen kämen, wodurch keine Touristen ins Land kommen könnten.

Ludwig wünscht nun weitere Gespräche. Es müssten nun der Bund, die Länder und auch die andere Gebietskörperschaften übereinkommen, wie man sicher durch den Sommer komme, sagte er. Zustimmend äußerte er sich zu den kolportierten Verschärfungen - wie etwa, dass es Zutritt in der Nachtgastronomie nur für geimpfte Personen gibt. Er könne sich gut vorstellen, dass dies eine Maßnahme sein könne, um eine Schließung der Nachtgastronomie zu verhindern, sagte er.

Einen erneuten Wiener Sonderweg wolle er nicht unbedingt gehen, betonte der Bürgermeister. Der Hauptakteur in der Pandemie solle die Bundesregierung sein. "Ich bin gerne bereit hier mitzuwirken." Dass man vom Bund kritisiert werde und einige Tage später mache man dort dasselbe, das schätze er jedoch nicht sehr, versicherte Ludwig.

Rundumschlag von Initiative

Zu einem Rundumschlag gegen die Coronapolitik der Regierung ist indessen eine Allianz von Maßnahmenskeptikern rund um die sogenannte Initiative für evidenzbasierte Corona Informationen angetreten, die nicht nur die bisherigen Lockdowns ablehnt, sondern auch Impfungen und Tests skeptisch sieht. Bei einer Pressekonferenz kündigte der Gynäkologe Christian Fiala ein Volksbegehren gegen die Coronamaßnahmen an, das bereits von über 50.000 Menschen unterstützt werde. Obwohl allein in Österreich schon fast 11.000 Menschen nach einer Covid-Infektion verstorben sind und die Infektionszahlen wieder stark steigen, bezeichnete er die Idee der Durchimpfung der Bevölkerung als medizinisch absurd.

Platter verwies indes vor dem Bundesrat auf den Bezirk Schwaz, der ja angesichts der dort vor einiger Zeit grassierenden Südafrika-Variante eine Sonderimpfaktion erhalten hatte. Dort gebe es nun eine Inzidenz kaum über null: "Im Prinzip ist die Sache im Bezirk Schwaz erledigt."

Platters Conclusio: Wer geimpft sei, werde höchst wahrscheinlich nicht im Krankenhaus landen, wer hingegen nicht geimpft sei, werde möglicherweise ein Problem haben, so der Landeshauptmann, der auch wiederholt die Bedeutung des Tourismus für Österreich hervor hob. Das weitere Vorgehen müsse jedenfalls gemeinsam mit den Ländern erörtet werden.

Auch die beiden Präsidenten des Österreichischen Seniorenrates, Peter Kostelka und Ingrid Korosec riefen am Donnerstag zur Impfung auf und sahen die Seniorinnen und Senioren als Vorbild: "Wer sich impfen lässt, schützt nicht nur sich selbst vor einer Corona Erkrankung, sondern nimmt auch gesellschaftliche Verantwortung wahr! Die Seniorinnen und Senioren haben es vorgezeigt, jetzt sind die jüngeren Generationen dran!"