Das kann teuer werden: In Deutschland stellte das Gericht fest: Auch 24-Stunden-Betreuerinnen steht die Anstellung und damit der Mindestlohn zu, und zwar auch ausländischen Pflegekräften, und auch für die „Bereitschaft“ in der häuslichen Pflege.

Nichts wirklich neu für Österreich, konstatiert Sozialrechtsexperte Wolfgang Mazal: Hierzulande habe der ÖGH schon im Jahr 2011 (!) festgestellt, dass die 24-Stunden-Betreuerinnen anzustellen wären. „Da hätten schon längst die sozialversicherungsrechtlichen Beitragsprüfer ausschwärmen, ÖGB und AK Massenklagen einbringen müssen“, sagt Mazal. Aber da gebe es einen unausgesprochenen Konsens zwischen Bund, Ländern und Sozialpartnern unter dem Motto: „Das rühren wir lieber nicht an.“ Mit vereinten Kräften habe man somit den OGH-Entscheid zehn Jahre lang ignoriert.

Weitere Klagen?

Beflügelt durch das Urteil in Deutschland rechnet Mazal nun mit weiteren Klagen. Interessensgruppen hätten sich diesbezüglich bereits zusammengeschlossen.

Seit Jahren werde die Lösung auf den Finanzausgleich geschoben und vertagt – dabei wäre eine Lösung möglich (siehe Infokasten). „Es braucht neues Geld, aber mit einer neuen Aufteilung auf Teams hätten wir auch die Chance, die Arbeit neu zu verteilen.“

Der Pflege-Notstand brennt unter den Nägeln: Es gibt zu wenig Personal mit zu hoher Belastung und zu wenig Geld im System. Den Mangel decken die Pflegerinnen aus dem Ausland ab, die als Selbstständige arbeiten. Auf diese Weise sind sie –im Gegensatz zur „Schwarzbeschäftigung“ früher – zumindest sozialversichert, aber der Stundenlohn liegt weit unter dem, was ihnen als angestellten Pflegerinnen zustünde. Eine Vollbeschäftigung wiederum könnten sich die zu betreuenden Personen bzw. die zuständigen Gebietskörperschaften mit dem aktuellen Pflegegeld bzw. den Mitteln, die im Sozialsystem dafür zur Verfügung stehen, nicht leisten.

Probleme mit dem Pflegegeld

Das Pflegegeld ist auch so zu niedrig. Die Caritas wies gestern darauf hin, dass der sogenannte Erschwerniszuschlag selten den tatsächlichen Pflegeaufwand abbilde, schon gar nicht im Falle demenzkranker Personen etwa.

Zudem stellte Pflegerechtsexperte Martin Greifeneder in einem Gutachten fest, dass rechtliche Vorgaben bei den Begutachtungen oft nicht eingehalten werden: Die Hälfte der Pflegegeldklagen bei Gericht enden mit einer höheren Einstufung.

Mazal geht davon aus, dass jetzt eine intensive Debatte darüber stattfinden muss, wie es weitergeht. Angesichts der zahlreichen Baustellen im System brauche es öffentliche Gelder, wenn man die Menschen einerseits und die Anbieter von Dienstleistungen andererseits nicht im Stich lassen wolle.