Vor ziemlich genau neun Monaten wurden in Österreich die ersten Coronatoten zu Grabe getragen. Rasch kristallisierte sich heraus, dass vor allem ältere Menschen von dem teuflischen Virus hinweggerafft werden. Pflege-, Alten- und Seniorenheime im ganzen Land entpuppten sich als tödliche Corona-Hotspots.

Neun Monate nach Ausbruch der Seuche scheint sich wenig daran geändert zu haben, im November poppten etwa in der Steiermark und in Kärnten reihenweise Corona-Cluster auf. Dass Alten- und Pflegeheime immer noch so fragil und labil sind, empört Bernhard Achitz, den für den gesamten Pflegebereich verantwortlichen Volksanwalt. „Beim Fußball werden die Spieler regelmäßig getestet, bei Alten- und Pflegeheimen funktioniert das immer noch nicht“, ärgert sich Achitz im Gespräch mit der Kleinen Zeitung.

Schutzausrüstung wird nicht getragen

Schon im Frühjahr habe die Volksanwaltschaft eine klare Strategie für die Heime eingemahnt, erst im Herbst wurde per Verordnung festgelegt, dass Heimbewohner, Pfleger und Besucher regelmäßig zu testen sind. „Zuerst hat man sich auf Besuchs- und Ausgehverbot versteift. Dann hat man gedacht, es reicht, wenn man einmal im Monat das Personal stichprobenartig testet. Nur das ist keine klare Strategie.
Bekanntlich können Experten im Auftrage der Volksanwaltschaft Pflegeheime inspizieren. „Wir hören, dass oft die Schutzausrüstung nicht getragen wird.“ Über Wochen und Monate hinweg habe es in der Anfangsphase sogar an der entsprechenden Schutzkleidung gefehlt.

Verantwortung wird hin und hergeschoben

Erschwert wird die Lage durch den typisch österreichischen Kompetenzdschungel. An sich sind die Länder für die Heime verantwortlich, Maßnahmen gegen eine Pandemie werden allerdings vom Bund gesetzt. „Viel zu lang hat man die Verantwortung hin- und hergeschoben, etwa die Frage, wer für die Finanzierung aufzukommen hat.“ In Wien habe die Stadt die Kosten übernommen, zuständig wäre der Bund gewesen.

Abschottung ist grundrechtswidrig

Der von manchen Experten ins Spiel gebrachten Idee, Alten- und Pflegeheime rigoros von der Umgebung abzuschotten, um das Virus draußen zu halten und die Bewohner zu schützen, erteilt Volksanwalt Achitz eine mehr als deutliche Absage: „Das ist schlicht und einfach freiheitsberaubend und grundrechtswidrig. Heimbewohner können genauso hinaus und dürfen einkaufen gehen wie jeder andere auch.“ Vor allem in den ersten Wochen hätten so manche Heimbetreiber den Bewohnern gedroht, sie könnten nicht mehr zurück, sobald sie das Heim verlassen. „Man wird nicht zu hundert Prozent verhindern können, dass in Heimen die Leute infiziert werden. So hohe Zahlen sind aber durch nichts zu rechtfertigen.“