“Mit ganzem Herzen für Wien”, lautete die Parole bei der gestrigen Präsentation des Wahlprogramms und der Kandidat*innenliste der Wiener SPÖ für die bevorstehende Gemeinderatswahl. Gedruckt in dicken Lettern auf etwas Rot und überraschend viel Blau. Rein optisch also schon ein erstes Angebot an die über 250.000 FPÖ-Wähler*innen der letzten Gemeinderatswahl 2015, die – glaubt man jüngsten Umfragen – am 11. Oktober wohl mehrheitlich woanders ihr Kreuzerl machen werden. 

Inhaltlich liefert das präsentierte Programm keine großen Überraschungen. Im Bereich Arbeit und Wirtschaft sollen unter anderem der sogenannte Wien Bonus ausgeweitet und Wiener Betriebe bei Auftragsvergaben der Stadt stärker berücksichtigt werden. Mit einer “Lehrlingsgarantie” will die Stadt-SPÖ zudem gegen die Jugendarbeitslosigkeit vorgehen, auch das Programm für ältere Arbeitslose wird fortgesetzt. So soll gerade in Zeiten der Krise um jeden Arbeitsplatz gekämpft werden, wie Bürgermeister und Spitzenkandidat Michael Ludwig betont: “Weil wir sehen, dass viele der angekündigten Unterstützungen der Bundesregierung offensichtlich nicht in dem Ausmaß ankommen, wie es notwendig ist.”

Neu im Bildungsbereich ist die Ankündigung von kostenfreien Ganztagsschulen ab Herbst, bis 2025 sollen es 120 im ganzen Stadtgebiet sein. Errichten will man auch 16 Medizin-Zentren für verschiedenste Schwerpunkte, zusätzlich sollen alle städtischen Krankenhäuser mit Erstversorgungsambulanzen versehen werden. Damit einher geht eine geplante Steigerung der Ausbildungsplätze im Gesundheitsbereich von 4.900 auf 7.650 in den nächsten vier Jahren. Die bereits mehrfach angekündigte Wohnbauoffensive als sozialdemokratischer Klassiker darf bei der Präsentation natürlich auch nicht fehlen. 

Im Klima- und Umweltschutz sowie im Verkehr betont Ludwig, “nicht an den kleinen Schrauben drehen zu wollen, sondern die große Perspektive im Auge zu haben.” Damit richtet er sich auch an den grünen Koalitionspartner, deren Popup-Radwege derzeit für größer werdenden Unmut sorgen – unter anderem unter den roten Bezirksvertretern. Heute wird in der Lassallestraße bereits der vierte Popup-Radweg eröffnet. Darauf angesprochen meint Ludwig: “Ich bin dafür – wenn sie mit den Bezirken abgestimmt sind und auf Zustimmung in der Bevölkerung stoßen.” Ersteres soll nicht immer der Fall gewesen sein, zweiteres werde sich zeigen: “Als Bürgermeister ist mir wichtig, dass die Stadt funktioniert”, versucht Ludwig seiner mäßigen Begeisterung über die grünen Projekte Ausdruck zu verleihen.

Als Ausdruck der Vielfalt sollen die 200 Männer und 214 Frauen auf den Landeswahl- und Wahlkreislisten verstanden werden. Der jüngste Kandidat ist 18, die älteste Kandidatin 73 Jahre alt. Mit Mireille Ngosso findet sich auch die Mitorganisatorin der jüngsten Anti-Rassismusdemo in Wien auf der Landesliste. Ursprünglich wollte sie als Spitzenkandidatin im ersten Bezirk ins Rennen gehen, wurde aber von der eigenen Basis verhindert. Nun kandidiert die aus der Demokratischen Republik Kongo stammende Ärztin auf Landeslisten-Platz 27. Derzeit hält die SPÖ 44 von 100 Mandaten im Gemeinderat bzw. Landtag. Da die Mandate über die Landes- und Wahlkreislisten vergeben werden und einige Personen auf beiden an wählbarer Stelle stehen, ist allerdings schwierig zu prognostizieren, welche Platzierung auch tatsächlich für einen Einzug ins Stadtparlament reicht.