Der Medienmanager Gerhard Zeiler lehnt für den Fall eines Rücktritts von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner eine Übernahme des SPÖ-Vorsitzes ab. Bei der Präsentation seines Buches "Leidenschaftlich Rot" antwortete Zeiler am Montag auf eine entsprechende Frage mit einem klaren "Nein". Er habe das Buch auch nicht geschrieben, um sich für den Vorsitz oder eine andere Funktion zu bewerben.

Der seinerzeitige Pressesprecher der früheren SPÖ-Bundeskanzler Fred Sinowatz und Franz Vranitzky verteidigte Rendi-Wagner und betonte, dass sie "die Loyalität der SPÖ verdient" habe. Er betonte aber, dass die SPÖ einen personellen Neuanfang mit ihr brauche. Zeiler rät Rendi-Wagner, nicht nur eine breite inhaltliche Diskussion in Gang zu setzen, sondern auch ein junges, weibliches Team, das die Zukunft der SPÖ repräsentiert, aufzustellen. Und er glaubt, dass sie dabei auch Anleihen bei ÖVP-Obmann Sebastian Kurz nehmen könnte, der vor seiner Wahl ein junges Team um sich geschart habe.

Kündigungen?

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner nimmt das parteikritische Werk des Medienmanagers Gerhard Zeiler positiv. Sie freue sich über dessen "glühendes Plädoyer für die Sozialdemokratie" und dessen frische Ideen, meinte sie bei einem Medientermin Montagmittag. Über das bevorstehende Sanierungspaket für die Partei machte Rendi-Wagner vor der morgigen Betriebsversammlung keine Angaben.

Die Parteichefin bat um Nachsicht, da die Belegschaft hier natürlich ihre erste Ansprechpartnerin sei. Rendi-Wagner will an der für 9 Uhr angesetzten Betriebsversammlung auch selbst teilnehmen. Der Sanierungsplan für die finanziell angeschlagene Partei wird von Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch vorgestellt. Auch der Betriebsratsvorsitz wird das Wort ergreifen.

Kolportiert wird, dass einige Posten in der Parteizentrale möglicherweise auch durch Kündigungen wegfallen sollen. Die Belegschaftsvertretung drängt wiederum darauf, dass die teuren Beraterverträge u.a. mit dem früheren Kanzlersprecher Nedeljko Bilalic, dessen Rat Rendi-Wagner schätzen soll, und der von Ex-Bundesgeschäftsführer Max Lercher geführten Leykam aufgelöst bzw. redimensioniert werden.

Minderheitsregierung stützen

Sollte Türkis-Grün doch nicht zustande kommen und eine neuerliche ÖVP-FPÖ-Koalition drohen, dann ist der Medienmanager Gerhard Zeiler für eine Unterstützung einer ÖVP-Minderheitsregierung durch die SPÖ. Eine Regierungsbeteiligung hält Zeiler angesichts des schwächsten Ergebnisses bei der Nationalratswahl in der Geschichte der SPÖ für nicht angebracht, wie er in seinem am Montag präsentierten Buch "Leidenschaftlich Rot" schreibt.

Sollte sich eine Neuauflage von Türkis-Blau abzeichnen, dann ist Zeiler dafür, dass die SPÖ der ÖVP den Vorschlag unterbreitet, eine Minderheitsregierung für eine Periode von zwei Jahren zu tolerieren. Die SPÖ sollte sich in diesem Fall dazu verpflichten, keinen Misstrauensantrag gegen die Regierung zu unterstützen, wenn diese im Gegenzug zwei Vorhaben umsetzt: Eine Erhöhung des monatlichen gesetzlichen Netto-Mindestlohns auf 1.700 Euro innerhalb des ersten Regierungsjahres und die Verabschiedung eines akkordierten und wirksamen Klimapaketes, das eine CO2-Abgabe mit sozialem Ausgleich beinhaltet.

Dieser Zugang hätte nach Ansicht Zeilers den Vorteil, dass die SPÖ nicht an eine Koalitionsräson gebunden wäre. Und es würde den Wählerinnen und Wählern vor Augen führen, dass es der SPÖ nicht um die Besetzung von Regierungspositionen geht, sondern um politische Inhalte.

"Schwer geschadet"

Heftige Kritik übt der ehemalige Pressesprecher der SPÖ-Bundeskanzler Fred Sinowatz und Franz Vranitzky an Ex-Kanzler Christian Kern, den er als einen Hauptverantwortlichen für die derzeitigen Probleme der SPÖ sieht. Die Umstände seines Rücktrittes als Parteivorsitzender zwei Wochen vor einem Parteitag, nachdem er mehrmals öffentlich bekundet habe, selbstverständlich wieder kandidieren zu wollen, hätten der SPÖ "schwer geschadet", schreibt Zeiler, um dann festzustellen: "Hätte ich nur annähernd geahnt, aus welchem Persönlichkeitsholz Christian Kern geschnitzt ist, wäre ich im Mai 2016 in einer Kampfabstimmung um den Parteivorsitz gegen ihn angetreten."

Viel Lob hat Zeiler hingegen für die derzeitige Parteichefin Pamela Rendi-Wagner parat. "Rendi-Wagner ist eine sympathische, ehrliche Sozialdemokratin, der übertriebenes Ego fern ist und die die Partei zu einem Zeitpunkt übernommen hat, der nicht schlechter hätte sein können. Sie hat die Loyalität der Partei verdient. Ob sie angesichts des Wahlergebnisses auf Dauer Parteivorsitzende bleiben wird, kann ich nicht vorhersagen. Ich weiß nicht einmal, ob ich es ihr wünschen soll. Der SPÖ aber wünsche ich es, denn ich bin felsenfest davon überzeugt, dass das Wahlergebnis ohne ihren Einsatz im Wahlkampf noch schlechter ausgefallen wäre. Sie war eines der wenigen Assets, die die SPÖ aufzuweisen hatte. Und ich traue ihr zu, die SPÖ wieder zu Wahlsiegen zu führen", schreibt Zeiler in seinem im Brandstätter-Verlag erschienenen Buch.

Der Medienmanager hält eine Neuaufstellung der Partei für notwendig. "Es ist Zeit für neue Gesichter in der SPÖ. Es ist Zeit für einen Generationenwechsel und es ist Zeit für mehr Frauen in den Führungsgremien der Partei. Und es ist ebenfalls Zeit für ein professionelles Team in der Parteizentrale, das kommunikations- und marketingtechnisch aufrüstet. Pamela Rendi-Wagner hat es jetzt aufgrund dieses Wahlergebnisses in der Hand, für einen echten - auch in personeller Hinsicht - Neuanfang zu sorgen", rät Zeiler zu Veränderungen in der Löwelstraße.

"Es gilt, nichts weniger als eine neue SPÖ aufzubauen." Neben einer personellen und strukturellen Erneuerung der Partei hält es Zeiler zuallererst für notwendig, ein zukunftsorientiertes, an den Bedürfnissen der großen Mehrheit der Bevölkerung orientiertes politisches Programm zu entwerfen und dies auch klar und einfach zu kommunizieren. Dieses Programm habe sich an den konkreten Fragen, Ängsten und Bedürfnissen der Wählerinnen und Wähler zu orientieren. Und der Medienmanager rät der SPÖ, sich sowohl inhaltlich wie auch personell wieder verstärkt auf die Bedürfnisse und Lebensumstände der Frauen und der Jungen auszurichten.

Zeiler identifiziert sechs Ziele, auf die sich die SPÖ in den nächsten Jahren inhaltlich konzentrieren sollte: Das Wirtschaftssystem sozialer gestalten, den Kampf gegen den Klimawandel radikal in Angriff nehmen, die Wirtschaft durch Deregulierungen unterstützen, Bildung für alle zu einem zentralen Thema machen, das Thema Sicherheit nicht den Rechtspopulisten überlassen und schließlich die Staatsaufgaben und damit auch die Staatsausgaben neu definieren.