Jedes Schulkind kennt sie vom Hörensagen – die Ostarrichi-Urkunde, in der Österreich zum ersten Mal erwähnt wird: Was kaum bekannt ist: Das Original der historischen Schenkungsurkunde aus dem Lahr 996 ist nicht in einem heimischen Archive aufbewahrt, sondern lagert im bayrischen Staatsarchiv im München. Zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren befindet sich das Dokument wieder auf österreichischem Boden – und kann ab heute im „Haus der Geschichte“ am Heldenplatz zehn Tage lang bestaunt werden. Am heutigen Nationalfeiertag ist der Eintritt frei.

Vertrag von St. Germain verschollen

Wie im Übrigen andere österreichischen Schlüsselurkunden im Ausland lagern. Das Original des Vertrags von St. Germain, der nach dem politischen wie auch militärischen Kollaps der Habsburger Monarchie die Grundlage für die 1. Republik schuf, war zunächst in Paris archiviert, ehe es im Zuge der Wirren des Zweiten Weltkriegs wahrscheinlich in Berlin zerstört wurde. Im Staatsarchiv in Wien lagert eine die Ausfertigung. Der im Belvedere 1955 feierlich unterzeichnete Staatsvertrag, der den Weg in die Unabhängigkeit begründet hat, ist in Moskau zu Hause. Warum das so ist, liegt auf der Hand: Franzosen (St. Germain) und Sowjets zählten zu den Siegermächten, die Besiegten bekamen jeweils Abschriften oder Ausfertigungen des Originals.

Österreich Beitrittsvertrag in Rom

Anders sind die Gründe, warum der im Juni 1994 nach einem beispiellosen, großkoalitionären Eiertanz im Juni 1994 auf der griechischen Mittelmeerinsel Korfu unterzeichnete österreichische Beitrittsvertrag in Rom archiviert ist. Der Gründungsakt der heutigen Europäischen Union, der Römer Vertrag, sieht vor, dass die Originalversionen aller Schlüsseldokumente der EU in Rom aufbewahrt werden.

Der ehemalige Chef des Österreichischen Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wolfgang Maderthaner erinnert allerdings daran, dass alle übrigen wichtigen Dokumente und Urkunden wie das Privilegium Maius, die Goldene Bulle, der Augsburger Religionsfriede, der Westfälische Friede oder der Vertrag zum Wiener Kongress im Staatsarchiv aufbewahrt sind