Die so genannte "Dirndl-Koalition" hat demokratiepolitisch viel Charme, weil es sie noch nie gab in Österreich. Und sie geht sich zahlenmäßig vermutlich ähnlich gut aus wie Schwarz-Blau. Den jüngsten Umfragen nach brächte man es auf eine Mehrheit mit gemeinsam gut 55 Prozent.

Der Haken: Inhaltlich wäre es für alle Beteiligten ein weiter Weg. Vieles verbindet die christlich-sozialen ex-schwarzen Türkisen mit den Grünen, und vieles den Wirtschaftsflügel der ÖVP mit den Neos. Aber ein Regierungsprogramm, das alle drei miteinander verbindet, grenzt an das Kunststück eines Spagats.

Zusätzlicher Wermutstropfen für den dann wieder Kanzler werdenden ÖVP-Chef Sebastian Kurz: Trotz Koalitionspakt wäre die Zusammenarbeit über die fünf Jahre hinweg keine „gmahde Wiesn“, jede Einigung aufs Detail ein Stück Schwerarbeit. Vom Pakt mit den Blauen ist Kurz anderes gewöhnt: Hier standen nicht Prinzipien im Fokus, sondern das Spiel um die Macht. Quid pro quo – gibst du mir, so geb ich dir.

Andererseits: Noch nie waren die Grünen so „heiß“ aufs Regieren. Und noch nie hatte ein sich zu den Realos zählender Parteichef, Werner Kogler, die Fundis so gut im Griff wie heute.

Die Chorherr-Affäre in Wien kam Kogler dabei zupass: Strafrechtlich wird nichts hängen bleiben, und Christoph Chorherr, der inzwischen seine Parteimitgliedschaft zurückgelegt hat, hat nicht in die eigene Tasche gewirtschaftet. Aber moralisch machten sich die Wiener Grünen schuldig, nicht rechtzeitig die Unvereinbarkeit von Chorherrs Amt als Planungssprecher mit Spenden an einen von ihm gegründeten Verein erkannt zu haben.

Dem Vernehmen nach soll sich Kogler vom linken Flügel der Grünen, allen voran den Wienern, das volle Pouvoir für allfällige Koalitionsverhandlungen zusichern haben lassen.

Die Premiere für „Dirndl-Koalition“ war Salzburg: Nach den Landtagswahlen 2018 bildete die ÖVP dort mit Grünen und Neos eine Regierung. Dort gibt es also Expertise für die schwierige Gratwanderung.
Die Neos mit ihrer starken Frontfrau Beate Meinl-Reisinger könnten Katalysator sein in dieser Ménage-à-trois. Die offene Frage ist, wie ernsthaft Sebastian Kurz und die Seinen in diese Verhandlungen gehen. Und ob diese nur dazu dienen, den türkis-blauen Masterplan nicht allzu direkt auf den Weg zu bringen.

Wahrscheinlichkeit: hoch