Sechs von 10 Österreichern spenden für sehr unterschiedliche Zwecke – etwa für soziale Zwecke, Katastrophenhilfe, Kinderdörfer, Tier- und Umweltschutz und diverse lokale Initiativen. Das wird allgemein sehr positiv gesehen. Spenden an politische Parteien – ein vergleichsweise winziger Teil des gesamten Spendenmarkts – haben in großen Teilen der Bevölkerung hingegen einen schlechten Ruf. Warum?

Es liegt wohl an drei Ursachen. Erstens haben Parteien in Teilen der Bevölkerung ein denkbar schlechtes Image. Auch überzeugte Anhänger einer Partei haben meist zumindest von manchen konkurrierenden Parteien eine schlechte Meinung. Zweitens gelten Parteien ohnehin als staatlich massiv (über-)finanziert, wozu dann noch Spenden? Und drittens werden Klein- und Großspenden undifferenziert in einen Topf geworfen.

Das Ideal sollten aber Parteien sein, die in der Bevölkerung gut verwurzelt sind, daher maßgeblich auch von ehrenamtlicher Tätigkeit leben und in beträchtlichem Ausmaß von Mitgliedern und Sympathisanten finanziert werden. Auf Bundes- und Landesebene ist Parteiarbeit heute zwar überwiegend staatlich finanziert und hauptsächlich ein Job für hauptamtliche Funktionäre und Mandatare, auf Gemeindeebene lebt dieses Ideal aber vielfach noch.

Und zumindest massenhafte Mitgliedsbeiträge und auch Spenden in eher niedriger Höhe, aber großer Zahl entsprechen durchaus dieser Zielsetzung: Parteien sollen von ihrer Mitglieder- und Sympathisantenbasis auch finanziell abhängig sein bzw. deren Zufriedenheit oder Unzufriedenheit auch finanziell spüren.
Wo beginnt eine Großspende? „Niedrig“ ist ein relativer Begriff: Die einzelne Spende (oder allenfalls auch der einzelne höhere Mitgliedsbeitrag) sollte nicht so hoch sein, dass damit ein besonderer individueller Einfluss ausgeübt wird.

Aber wo beginnt eine „Großspende“? Für Durchschnittsverdiener bedeutet die nun festgelegte Grenze von 2500 Euro, ab der eine Spende sofort dem Rechnungshof zu melden und von diesem zu veröffentlichen ist, etwas mehr als einen Monatsnettobezug bei Vollzeitbeschäftigung (tatsächlich verdient die Mehrzahl der Österreicher deutlich weniger, und wer verschenkt schon ein Monatseinkommen oder mehr?), sehr gut verdienenden Angestellten oder hohen Beamten mag dieser Betrag hingegen nicht übermäßig hoch und sehr erfolgreichen Geschäftsleuten oder Spitzenmanagern gering erscheinen.

Die andere Seite betrifft einen möglichen Einfluss auf politische Amtsträger durch die Spende. Dieser mag bei Parteispenden bis zu einigen Hundert Euro vernachlässigbar sein, hingegen fallen Spenden im fünfstelligen Bereich auch hochrangigen Politikern auf Landes- und Bundesebene zweifellos positiv auf. Nun wäre es äußerst unvernünftig, verkappte Bestechungsgelder in Form offener Parteispenden zu leisten: Das österreichische Korruptionsstrafrecht ist streng und die Öffentlichkeit ist sensibilisiert. Aber Dankbarkeit und ein offenes Ohr für eigene Anliegen sind Großspendern normalerweise sicher. An hohen Spenden lässt sich auch gut ablesen, welche Personen, Unternehmen und Wirtschaftsbranchen ein Interesse am Erfolg bestimmter Parteien haben.

Offenlegen oder verbieten? Daher wurden schon 2012 im Parteiengesetz Offenlegungspflichten eingeführt, die zwar zu hoch angesetzt waren, aber durchaus unser Wissen über Großspenden erhöht haben: Ohne diese Regelung wüssten wir nichts über die Spender im Nationalratswahlkampf 2017, und auch die Umgehung der sofortigen Offenlegung von Spenden über 50.000 Euro hat nicht verhindert, dass die Wahrheit jetzt, zwei Jahre später (und unerwartet zu einem ungünstigen Zeitpunkt für die begünstigte Partei), doch ans Tageslicht gekommen ist. Dass die Regelung trotz vieler Schwächen manchen Parteien durchaus „unangenehm“ war und ist, zeigt sich daran, dass Umwege „am Rechnungshof vorbei“ gesucht und sicher auch gefunden wurden, Stichwort Strache in Ibiza.

Seit 8. Juli gilt aber nun eine doppelte Obergrenze für Spenden. Erstens: Eine Partei darf pro Jahr maximal eine Dreiviertelmillion an Spenden einnehmen. Dies ist widersinnig, weil nicht zwischen Klein- und Großspenden unterschieden wird. Würde etwa die SPÖ ihre Mitglieder aufrufen, zehn Euro für den Nationalratswahlkampf zu spenden und würde dem nur die Hälfte der Mitglieder folgen, wäre diese Obergrenze bereits gesprengt; bei der ÖVP sogar um ein Mehrfaches. Und zwischen 8. Juli (dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung) und Jahresende 2019 liegt das Limit sogar nur bei 375.000 Euro.

Ein derartiges Limit wäre allenfalls argumentierbar, wenn nur Spenden (Jahresbeträge pro Spender) von z. B. mehr als 1000 oder 500 Euro einbezogen wären, also als tatsächliches Großspendenlimit, um den möglichen Einfluss von Großspendern zu begrenzen.

Die zweite Frage betrifft die Jahresobergrenze von 7500 Euro pro Spender. Das war eine eher zufällige Zahl: Die SPÖ wollte eine Obergrenze von 10.000 Euro, die FPÖ von 3500 Euro, man traf sich in der Mitte. Die demokratiepolitisch durchaus nachvollziehbare Begründung lautet, damit den politischen Einfluss von Großspenden sowohl innerhalb der Parteien als auch dem Startvorsprung von Parteien, die in hohem Maße auf Großspender setzen können, einen Riegel vorzuschieben. Zusätzlich wird angeführt, dass Parteien, die ohnehin staatliche Parteienförderung erhalten, nicht auf Großspenden angewiesen seien.

Letzteres Argument ist allerdings fragwürdig, es trifft sachlich nur auf Großparteien zu. Denn die Parteienförderung wird fast linear nach dem Wahlergebnis verteilt: Eine 30-Prozent-Partei hat fast überall in Österreich somit nahezu das Fünffache an Förderung einer Sechs-Prozent-Partei.

Und neue Parteien müssen erst den Sprung in den Nationalrat oder in Landtage schaffen, um an die staatliche Parteienfinanzierung zu kommen. Neos mit seinen anfangs öffentlich kaum bekannten Führungspersonen etwa hätte unter den nunmehrigen Regeln (trotz kleinerer Ausnahmebestimmungen für neue Parteien) seit 2013 kaum eine Chance gehabt, sich im Parteiensystem zu etablieren.

Es gibt aber einen guten Grund, warum international die meisten Fachleute eher für Transparenz hoher Spenden (plus strenger Kontrollen und Strafen bei Umgehungen) als für Spendenobergrenzen plädieren: Spendenverbote fördern Umgehungsversuche, die es ja unter den bisherigen Rahmenbedingungen auch in Österreich bereits gab, und deren Bandbreite ist groß. Besser, ein möglicher Einfluss kann in aller Öffentlichkeit hinterfragt werden, als er findet heimlich auf illegalen Umwegen statt.