Demut „ist besser als Hochmut“, das war der Appell des grünen Frontmannes Werner Kogler am Wochenende bei der Wiener Landesversammlung. Dabei hat der Steirer als Spitzenkandidat der Grünen bei der EU-Wahl gerade ein Wahlergebnis eingefahren, das sich sehen lassen kann: 14,1 Prozent und 70.821 Vorzugsstimmen bei der EU-Wahl, das fünftbeste Ergebnis aller österreichischen Kandidaten.

Kogler wird nicht ins EU-Parlament einziehen, sondern die, wie er es formuliert, „möglicherweise größte Comeback-Geschichte der europäischen Grünen“ schreiben. Der Steirer weiß, was gewinnen und was verlieren heißt. Am 4. Dezember 2016 feierten die Grünen den größten Erfolg ihrer Geschichte mit einem siegreichen Präsidentschaftskandidaten, der einmal ihr Parteichef war. Wenige Monate später, am 15. Oktober 2017, lag man am Boden: Nicht einmal den Wiedereinzug ins Parlament hatte die nach mehr als 30 Jahren parlamentarischer Tätigkeit eigentlich auch schon Traditionspartei geschafft.

Im Alleingang für die Partei

Werner Kogler kehrte zusammen. Mitarbeiter wurden gekündigt, Kartons gepackt, der Steirer arbeitete ein Jahr lang unentgeltlich für die Bundespartei. Er wollte nie an die Spitze. Dann führte er monatelang im Alleingang die grüne Partei.

Als sich die Frage nach dem Spitzenkandidaten für die Europa-Wahl stellte – und die frühere Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek, Nachfolgerin von Eva Glawischnig, als Folge des Debakels ihren Abschied genommen hatte –, stand nur Kogler zur Verfügung. Und wieder krempelte er die Ärmel auf. Dass es ein so fulminanter Wahlerfolg werden würde, damit hat vermutlich auch er nicht gerechnet. Spätestens jetzt gilt er als der Mann mit dem richtigen Instinkt.

Blindes Vertrauen

Die Partei vertraut ihm blind. Uneingeschränkte Loyalität – das gab es bei den Grünen noch nie. Diesmal ist die grüne Basis nahe dran. Ein Teil des Geheimnisses ist vielleicht auch, dass Kogler dieser Basis traut, dass er keine Entscheidungen „verordnet“, sondern – mit einem gewissen Maß an natürlicher Autorität – nur zu erkennen gibt, was er für g’scheit hält.

Zum Beispiel, dass es keine Fusion mit der Liste Jetzt von Peter Pilz geben kann. Auch wenn man damit riskiert, in den TV-Duellen vor der Wahl – als nicht im Parlament vertretene Partei – nicht vorzukommen. Das Problem ist inzwischen erledigt, der ORF und alle anderen Medien geben den Grünen selbstverständlich Raum, als Partei, die in Umfragen längst wieder zweistellig ist.

Entscheidungen, die g'scheit sind

Oder, dass es in Wien endlich auch einen Parteichef gibt, und nicht "nur" eine Stadträtin Birgit Hebein, die die Sprecherrolle formal einem anderen überlassen muss.

Oder, dass abseits aller grünen Spielregeln eine Frau von außen als Zugpferd installiert werden darf. Bei der EU-Wahl lag Kogler mit Promi-Köchin und Biolandwirtin Sarah Wiener richtig, für die Nationalratswahl holte er mit Leonore Gewessler, Geschäftsführerin von Global 2000, eine glaubwürdige Galionsfigur für die Klimaoffensive.

Starke Persönlichkeiten aus den Ländern formieren sich hinter Werner Kogler: Astrid Rössler in Salzburg, Nina Tomaselli in Vorarlberg, Stefan Kaineder in Oberösterreich.
Promis wie Sigrid Maurer oder Herbert Kickls Cousine Daniela könnten den Strauß noch bunter machen. Auch der Grabenkampf mit den Jungen ist Geschichte. Nicht zuletzt dank der schwächelnden SPÖ sind die Karten für die Grünen bei der nächsten Wahl neu gemischt.