Der FPÖ bescherte ihr "Ibizagate" bei der heutigen EU-Wahl zwar nicht den 2004 erlittenen Megacrash. Aber sie dürfte deutlich schlechter aussteigen als sie vor dem Auftauchen des Lockvogel-Videos mit Ex-Parteichef und -Vizekanzler Heinz-Christian Strache erhofft hatte. Die Umfragen zuvor versprachen ein deutliches Plus auf bis zu 24 Prozent, jetzt wird es laut APA/ORF/ATV-Trendprognose ein Minus auf 17,5 Prozent.

Mehr als zufrieden

Die FPÖ zeigt sich nach nur leichten Verlusten bei der EU-Wahl nach der Ibiza-Affäre mehr als zufrieden. "Das zeigt, wie hoch unser Stammwählerpotenzial ist", sagte Spitzenkandidat und Generalsekretär Harald Vilimsky. Er sah in einer ersten Reaktion gegenüber dem ORF keinen Grund, das Misstrauensvotum gegen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Montag wegen des sehr starken ÖVP-Ergebnisses abzusagen.

Das werde im Parlamentsklub am Montag besprochen, Kurz habe aber schon zwei Regierung gesprengt. "Er steht nicht für Stabilität und wenn Sie mich fragen, verdient er kein Vertrauen."

Für Vilimsky ist die FPÖ "stabil geblieben, wir haben die Mandate gehalten". "Jetzt beginnt die größte Wählerrückholaktion". Die Ibiza-Affäre habe "Schaden verursache, keine Frage, aber wir holen uns ungeachtet dessen die Wähler zurück".

Über Misstrauensantrag wird morgen früh entschieden

FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker meint im Gespräch mit der Kleinen Zeitung, das Ergebnis stimme positiv, die Wahlkampflokomotive FPÖ habe sich wieder einmal bewiesen. Spitzenkandidat Harald Vilimsky sieht einen "heimtückischen Anschlag aus Deutschland" - und meint damit das Ibiza-Video. Über den Misstrauensantrag gegen Kanzler Kurz will die FPÖ morgen früh in ihren Gremien entscheiden.

-2,2 Prozent Minus für FPÖ

Die FPÖ verliert 2,2 Prozentpunkte gegenüber den 19,7 Prozent des Jahres 2014. Der zweite Platz, den Spitzenkandidat Harald Vilimsky der SPÖ abnehmen wollte, ist sechs Prozentpunkte weit entfernt - obwohl auch die SPÖ (mit 23,5 Prozent laut Prognose) schlechter abschnitt als die Umfragen zwischen September 2018 und Anfang Mai auswiesen.

Vilimsky konnte Rückfall nicht aufhalten

Harald Vilimsky hat den Ibiza-bedingten Rückfall der FPÖ nicht aufhalten können. So sehr er und seine Getreuen sich mühten den Spieß umzudrehen, gelungen ist es nicht, zeigen die bisher vorliegenden Zahlen.

Dabei war der Wahlkampf für den Spitzenkandidaten und Generalsekretär der Freiheitlichen lange ganz gut gelaufen. Sanfter im Ton als von ihm gewohnt schlug er sich in TV-Konfrontationen beachtlich und nutzte dabei das Alleinstellungsmerkmal als kräftiger EU-Kritiker. Bekannter kam einem Vilimsky freilich im Wahlkampf-Finale vor, als er in rüdem Ton Gegenangriffe post Ibiza ritt.

Erste Reaktionen

Im Landtagsklub der Kärntner FPÖ in Klagenfurt wurde die Trendprognose freudig aufgenommen. Vize-Klubobmann Christian Leyroutz meinte, der prognostizierte Absturz sei nicht eingetreten, weil die Wähler nicht am skandalösen Ibiza-Video interessiert waren, sondern an den "Projekten, die die FPÖ gemeinsam mit der ÖVP ausgearbeitet" hat. Man sei zuversichtlich, auch bei den bevorstehenden Nationalratswahlen ein gutes Ergebnis zu erringen.

Als "unter den gegebenen Voraussetzungen durchaus akzeptabel" bezeichnete der burgenländische Landesrat Alexander Petschnig (FPÖ) am Sonntag das sich in einer ersten Prognose abzeichnende Ergebnis der EU-Wahl in Österreich. Im Hinblick darauf, dass "ganz andere Verluste vorhergesagt" worden seien, sei der Verlust "ein überschaubarer, wenn auch ein schmerzlicher."

Erhobener Zeigefinger der Wähler

"Ich glaube aber, dass das vielleicht als der erhobene Zeigefinger der Wählerinnen und Wähler aufgefasst werden kann, dass das, was in diesem Video zum Besten gegeben worden ist, halt schlicht und einfach inakzeptabel ist", meinte Petschnig, der auch stellvertretender Landesparteiobmann ist. Auf der anderen Seite sehe er aber auch "ein Zeichen der demokratischen Reife der Österreicherinnen und Österreicher, weil eben der Versuch, hier die Stimmung zu beeinflussen, um nicht zu sagen, Wahlen zu beeinflussen, eben doch nicht in dem Ausmaß gefruchtet hat, wie es die Urheber dieses Videos wahrscheinlich haben wollten."