Ein "Weißbuch Gesundheit" will der langjährige Chef des Hauptverbands, spätere Finanzminister und jetzige Chef der Gesundheitsplattform „Praevenire“, Hans-Jörg Schelling, im Laufe des nächstes Jahres vorlegen. Mitte Mai soll im Rahmen eines dreitägigen Symposium mit unzähligen Experten im niederösterreichischen Stift Seitenstetten der Startschuss zur Ausarbeitung des Konzepts erfolgen.

Angestrebt werde eine umfassende Debatte „befreit von der Politik und von Ideologien“, so der langjährige Gesundheitsexperte in einer Pressekonferenz. Zur Frage, ob sich denn die Gesundheitsdebatte in Österreich trotz gewisser Fortschritte nicht im Kreis drehe, meint Schelling: „Leider ist es in Österreich oft so: Jemand hat eine Idee, und die andere Seite ist aus Prinzip dagegen. Dieser Reflex ist sehr häufig und behindert Entwicklungen.“ Er hoffe darauf, dass manche „ihre Beharrungspolitik verlassen.“

In vielen Bereichen habe es in den letzten zehn Jahren durchaus Fortschritte gegeben. „Es ist vieles passiert, es dauert einfach lang.“ Schelling wiederholte einmal mehr, dass Österreich „ein gutes, wenn auch sehr teures“ und „nicht gerade übertrieben effizientes Gesundheitssystem“ besitze. Patientenanwalt Gerald Bachinger bemühte in dem Zusammenhang das Bild des Sisyphus, der den nach unten rollenden Stein wieder hinaufschiebt. „Es gibt keine Alternative dazu.“

Schelling betonte, dass es Sache der Politik sei, für die notwendige Umsetzung zu sorgen. Kommentare zur aktuellen Politik sind ihm nicht zu entlocken. In ÖVP-Kreisen verfolgt man mit Argusaugen die Tätigkeiten jener ehemaligen Minister, die Parteichef Sebastian Kurz nicht von seinem Vorgänger Reinhold Mitterlehner übernommen haben - und die womöglich noch eine Rechnung offen haben

Schelling ortet einen gewaltigen Nachholbedarf bei der Prävention: „Alle reden von der Prävention, aber es gibt keine Stelle, die dafür verantwortlich ist.“ Patientenanwalt Bachinger verwies darauf, dass die Digitalisierung zunehmend in die Gesundheitsverorgung Eingang finde: „Bisher hieß es immer, dem ambulanten Bereich sollte Vorrang vor dem stationären Bereich gegeben werden. Künftig sollte es heißen: zuerst die digitale, dann die ambulante, schließlich die stationäre Versorgung.“